Postauto-Skandal: Zweifel an Unabhängigkeit der Untersuchung
Die Anwaltskanzlei, die den Fall untersuchte, hatte die Post schon vorher dazu beraten.

Bern Am 15. Februar versprach Post-Präsident Urs Schwaller, er werde für «eine lückenlose und unabhängige Aufklärung aller Vorfälle» rund um die erschlichenen Subventionsmillionen und die 200'000 illegalen Buchungen bei Postauto sorgen.
Doch aus dem vergangene Woche veröffentlichten Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard geht hervor, dass diese schon vorher im Sold der Post stand. Auf Seite 27 legen die beiden Autoren offen, dass ihre Kanzlei das Unternehmen im Vorfeld der «unabhängigen» Untersuchung während rund einem halben Jahr beraten hatte – und zwar zu Postauto, wie die Post bestätigt. Den Auftrag dazu erteilte der Konzern im Sommer 2017, um die ersten subventionsrechtlichen Vorwürfe des Bundesamts für Verkehr zu untersuchen.
Am 19. Juli 2017 gab Kellerhals Carrard eine rechtliche Beurteilung «zu den Transferpreisen und zum Subventionsrecht» ab, also zu der aufs Jahr 2016 eingeführten Struktur, mit der Postauto eine «Gewinnoptimierung» zulasten der öffentlichen Hand erzielte. Diese Struktur wird nun rückgängig gemacht. Am 10. Oktober folgte eine Beurteilung «zur subventionsrechtlichen Rechnungsprüfung und zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit». Am 8. November schliesslich gab Kellerhals Carrard eine rechtliche Beurteilung «zum Subventionsrecht und zur Anpassung der Spartenrechnung» ab. Was es damit auf sich hat, will die Post nicht verraten. Zu vermuten ist, dass die Kanzlei sie dabei beraten hat, eine rechtlich einwandfreie neue Struktur zu bauen.
Widersprüche zwischen der Post und der Kanzlei
Am 22. Dezember 2017 erteilte Post-Chefin Susanne Ruoff der gleichen Kanzlei den Auftrag, die rechtlichen Verantwortlichkeiten im Postauto-Skandal zu untersuchen. Dies geschah gemäss dem Untersuchungsbericht «im Einvernehmen mit dem Verwaltungsratspräsidenten» Urs Schwaller. Ruoff wusste von der vorherigen Beratungstätigkeit, informierte Schwaller jedoch nicht darüber. Erst als er im Februar 2018 die Untersuchung an sich zog, wurde er über die Beratungstätigkeit der Kanzlei informiert, wie die Post bestätigt.

Doch wieso wurde ausgerechnet Kellerhals Carrard ausgewählt, wenn nur schon der geringste Anschein der Befangenheit vermieden werden sollte? Die Post sagt dazu: «Die Wahl von Kellerhals Carrard war die logische und konsequente Fortführung der bereits initiierten Voruntersuchungen.» Doch die Kanzlei stellt dies anders dar. Im Untersuchungsbericht schreibt sie, die Ausführungen in den drei Memoranden seien «als eine anwaltliche Beratung und nicht als eine unternehmensinterne Untersuchung zu qualifizieren.» Damit fällt die Argumentation der Post, es sei eine Voruntersuchung gewesen, in sich zusammen.
Juristen sind sich uneinig
Sowohl die Post als auch Kellerhals Carrard streiten einen Interessenkonflikt ab. Sie beteuern, sie hätten die Frage der Unbefangenheit sorgfältig geprüft. Beide stellen sich auf den Standpunkt, dass die Einnahmen der Anwaltskanzlei aus Aufträgen der Post in den vergangenen drei Jahren nie mehr als 5 Prozent ihrer gesamten Einnahmen ausmachten.
Dies sei unmassgeblich, widerspricht ein renommierter Wirtschaftsrechtler, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er findet es «problematisch» und «ungewöhnlich», dass Kellerhals Carrard den Auftrag für die angeblich unabhängige Untersuchung erhalten hat. «Normalerweise ist es ein Ausstandsgrund, wenn man vorher schon beratend tätig war, besonders wenn es den gleichen Kernbereich betrifft.»
Anhörungen im Juli
Der Berner Aktienrechtsprofessor Peter V. Kunz sieht das anders. Er sagt, es sei durchaus sinnvoll, wenn ein Gutachter bereits gewisse Vorkenntnisse habe, damit er die Materie einfacher durchdringen könne und sich ein X nicht für ein U vormachen lassen müsse. Ein Beginn bei null sei meist geeigneter, um etwas zu verbergen.
Die Frage, ob die Untersuchung wirklich unabhängig gewesen ist, wird nun die mit dem Postauto-Fall betraute Subkommission der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission beschäftigen. Auf die Frage, wie er den Vorgang beurteilt, sagt deren Präsident Claude Hêche: «Wir werden dazu Anfang Juli die Post und das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation anhören.»
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