Sushi statt FleischkäseSo will Selecta die Büros zurückerobern
Der vom Homeoffice-Trend gebeutelte Automatenbetreiber spannt mit Coop zusammen. Denn nun sei frischere und gesündere Verpflegung gefragt.

Schon zu Beginn der Pandemie vor zwei Jahren sei er überzeugt gewesen, dass sich die Arbeitswelt für immer verändern werde. Und tatsächlich, sagt Selecta-Chef Christian Schmitz, werde heute zeitlich flexibler und an wechselnden Tagen im Büro oder zu Hause gearbeitet. In der Folge seien die Ansprüche an die Verpflegung am Arbeitsplatz gestiegen.
So haben sich etwa während der Homeoffice-Pflicht viele Büroangestellte eine gute Kaffeemaschine gegönnt. Jetzt sind die Ansprüche höher. Zurück im Büro nehme die Nachfrage nach Premiumkaffee stark zu, sagt Schmitz. Ebenso nach gesünderen Snacks und frisch schmeckenden Menüs.
Coop fehlt die letzte Meile
Um solche Produkte anbieten zu können, spannt Selecta mit Coop zusammen. Sushi werde ebenso erhältlich sein wie Naturaplan-Suppe, vegane Sandwiches oder vegetarische Snacks. Es gehe um nichts weniger als eine Revolution am Arbeitsplatz: rund um die Uhr gesunde und frische Verpflegung statt Riegel und Süssgetränk. Das sagte Coop-Chef Philipp Wyss, der zur Bekanntgabe der Kooperation am Dienstag zum Sitz von Selecta Schweiz nach Kirchberg gekommen ist.
Rund 200 Angestellte arbeiten hier in der Unternehmensleitung, im Marketing, der Finanzabteilung oder im Ein- und Verkauf. Zudem befindet sich im Gebäude unweit der Autobahn A1 die Logistikzentrale. Rund 30 Lastwagen fahren täglich zu den anderen Verteilstandorten im Land. Für den Grossraum Bern besorgen von hier aus rund 200 Automatenbetreuer die Feindistribution.
Die letzte Meile in die Büros fehle Coop, erklärte Wyss. Mit Selecta gelange das Take-away-Konzept Coop to Go nun an die Arbeitsplätze. Finanzielle Details zum Deal werden zwar nicht genannt, bis 2024 sollen aber über 250 Standorte in der Schweiz erschlossen sein.

Es geht also um grosse Unternehmen mit 200 Angestellten und mehr, in denen die Nachfrage genügend gross ist, damit sogenannt ultrafrische Produkte wie Sushi innerhalb von ein bis zwei Tagen konsumiert werden. Es gibt aber auch kleinere Verpflegungsstationen mit Frischprodukten, die bis zu fünf Tage haltbar sind. Grosse Hoffnungen setzt Selecta zudem in Steamer-Menü-Automaten. Und Selecta wird auch viele klassische Automaten weiterhin betreiben, wo länger haltbare Getränke und Snacks verkauft werden.
Nicht mehr hängen bleiben
Mit der neuen Generation von Büroautomaten soll aber ein oft kritisierter Mangel beseitigt werden. Die Produkte können nicht mehr in den Drehgewinden hängen bleiben, denn die neuen Automaten können mit einem Batch oder einer Bezahlkarte geöffnet werden. Sensoren stellen dann fest, welche Produkte entnommen werden, und verrechnen den entsprechenden Preis.
Insgesamt betreibt Selecta rund 29’000 Verkaufspunkte in der Schweiz. Davon sind rund 4000 öffentlich zugängliche Automaten, vorab an Bahnhöfen. Während der Pandemie brachen die Umsätze in den Büros ein. Dagegen liefen öffentliche Automaten vielerorts heiss, als die Ladenöffnungszeiten eingeschränkt waren. Weltweit hat sich der Umsatz 2020 trotzdem auf gut 1 Milliarde Franken fast halbiert. Wie stark sich das Geschäft 2021 erholt hat, gibt Selecta nächste Woche bekannt.
Julian Witschi ist Wirtschaftsjournalist im Ressort Bern. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung und wurde mit einem Swiss Press Award ausgezeichnet.
Mehr Infos@JWitschiChristian Pfander ist Fotograf im Foto Pool Bern.
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