So sind wir leider, wir Schweizer
Der unverschämt lakonische Videoclip «Schwizer Film» lässt einen peinlich berührt zurück.
Man könnte meinen, man sei im Wohnzimmer von Stasi-Agenten gelandet. Oder auf dem Set von «Fargo». Da steht eine vierköpfige Filmcrew in einem dunklen, engen Zimmer mit gemusterter 70er-Jahre-Tapete, nahezu regungslos, als sei sie selber Teil der Einrichtung; aus Raum und Zeit gefallen wie die massive Holzwohnwand, die man sich anno dazumal zur Hochzeit geleistet hat.
Die Kamera läuft, aber von der eigentlichen Action bekommen wir nichts mit. Denn bis wenige Sekunden vor Schluss ist einzig die Crew im Bild zu sehen und zwischendurch die drehenden Filmrollen. So geschieht so gut wie nichts im Videoclip «Schwizer Film», und das ist gut, denn so kann man sich ganz den skurrilen Protagonisten hinter der Kamera hingeben. Der Filmrollenverantwortliche trägt Oberlippenschnauz, Gilbert-Gress-Brille, einen beigen Pullunder und eine Zigarette in der Zwänzg-ab-achti-Schnurre, und der bärtige Tonmensch hat wohl schon vor Jahren aufgegeben, seinen kultivierten Bauch unter dem zu kurzen Unterhemd zu verbergen.
In Solothurn im Programm «Best Swiss Video Clips»
Dass der Stumpen rauchende Regisseur singt, sieht man erst auf den zweiten Blick. Es ist Manuel Stahlberger, Bandleader der St. Galler Band Stahlberger, um deren Song «Schwizer Film» es im gleichnamigen Videoclip geht. An den Solothurner Filmtagen ist er im Programm «Best Swiss Video Clips» zu sehen. Der Songtext handelt von einem typischen Abend eines typisch schweizerischen Paars mit typischen Gesprächsthemen, dazu gibt es Züri-Geschnetzeltes und den Samschtig-Jass – und als typischer Schweizer fühlt man sich sogleich ertappt.
Stahlberger hält uns so unaufgeregt singend den Spiegel vor, dass es nur noch beschämender ist. Die einschläfernde Stimmung, die die Filmcrew – im wahren Leben sind es die Bandmitglieder von Stahlberger – im Videoclip verbreitet, verstärkt das Ganze zusätzlich. Je länger der Song dauert, desto unangenehmer wird es. Und genau in diesem Moment schwenkt die Kamera um. Schnell die Augen zu!
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