BLS-SubventionsskandalSo reagieren die Beteiligten auf die neuerlichen Vorwürfe
Fehlende Aufsicht, Widerstände, Interessenkonflikte: Der Bericht der Geschäftsprüfungskommission offenbart die ganze Dimension des Skandals.
39 Seiten umfasst der Bericht, den die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rats vorlegt. Er liest sich wie ein Armutszeugnis, selbst wenn viele der Fakten zu den Ungereimtheiten rund um die zu hohen Abgeltungen für die BLS AG in den letzten Jahren bereits bekannt geworden sind. Durchleuchtet hat die Kommission während eineinhalb Jahren die Rollen und Zuständigkeiten der Berner Regierung und der zuständigen Bau- und Verkehrsdirektion (BVD) unter der Führung von Christoph Neuhaus (SVP). Die Kommission stellt nun fest, dass der Regierungsrat und die BVD in Vertretung des Mehrheitsaktionärs dieses Unternehmens «in einer zu defensiven Position verharrt» sind. Auch ortet sie Interessenkonflikte innerhalb der Direktion und reklamiert die fehlende Kooperation von BLS und Regierung während ihrer Untersuchung.
So reagieren die Beteiligten darauf.
«Unterschiedliche Auffassungen», sagt die Berner Regierung

Die Berner Regierung beurteile den Sachverhalt aus anderer Optik, schreibt sie in ihrem Communiqué. Insbesondere, wenn es um die Zuständigkeit des Kantons geht. «Es bestehen unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Aufsicht von Unternehmen mit kantonalen Beteiligungen», so die Regierung. Eine Verletzung der Aufsicht kann die Regierung nicht erkennen. Die Bau- und Verkehrsdirektion habe entsprechend ihren Zuständigkeiten und Verantwortungen gehandelt. Einmal mehr verweist die Regierung stattdessen auf den Bund, der dem eidgenössischen Personenbeförderungsgesetz (PBG) zufolge für die subventionsrechtliche Aufsicht über die Abgeltungen im regionalen Personenverkehr (RPV) zuständig ist.
Der Bund hat aus Sicht der Regierung diese Aufgabe wahrgenommen. «Die zu viel erhaltenen Abgeltungen wurden zurückbezahlt, Kontrolle und Aufsicht wurden verstärkt», stellt die Regierung fest. Ob es zu strafrechtlichen Tatbeständen gekommen ist, wolle der Bund mit einer Strafanzeige prüfen lassen.
Den Vorwurf der Untätigkeit will die kantonale Exekutive nicht auf sich sitzen lassen. Der BLS-Verwaltungsrat habe gehandelt und den Sachverhalt durch eine externe Stelle abklären lassen. Auch seien Massnahmen getroffen worden, damit sich solche Fehler nicht wiederholen. Dass der Bericht der externen Untersuchung geschwärzt wurde, stösst bei ihr auf Verständnis. Dieses Vorgehen sei bei solchen Fällen nicht unüblich. Bedauerlich sei, dass die untersuchende Kommission unter diesen Umständen auf eine Einsichtnahme verzichtet habe.
«Sachfremde und verzerrte Darstellung», sagt Rudolf Stämpfli, Alt-BLS-VRP

BLS-Verwaltungsratspräsident Rudolf Stämpfli, der im November aus gesundheitlichen Gründen nach fast 15 Jahren in diesem Gremium per sofort seinen Rücktritt gab, wird im Bericht der GPK zitiert. Der Bericht erwecke den Eindruck «eines konstruierten Falles» und einer «politischen Abrechnung», was er bedaure. Sachverhalte seien unvollständig wiedergegeben, heisst es da.
Und: Die Chronologie, die etwa bei den an den Regierungsrat gerichteten Vorwürfen wesentlich seien, stimme teils nicht. Wesentliche Fakten würden ganz fehlen, moniert Stämpfli. Der Bericht der GPK sei einseitig und teilweise sachfremd. «Dadurch wird ein verzerrtes Bild geschaffen.»
«Keine Mitverantwortung», sagt Bernhard Antener, Kantonsvertreter im BLS-VR

Das sagt Bernhard Antener, der als Kantonsvertreter seit Juni 2018 im BLS-Verwaltungsrat sitzt: Der Fürsprecher, frühere SP-Grossrat und Alt-Gemeindepräsident von Langnau wehrt sich dagegen, dass ihn eine Mitverantwortung treffen soll, «nur weil ich auf lange vor meiner Zeit getroffene operative Entscheide verwiesen habe». Ein Sündenbock-Image weise er in aller Form zurück, hält er in seiner Stellungnahme fest. Er habe sich seit Bekanntwerden der Probleme intensiv in die Themenbereiche eingelesen und versucht, die komplexen Sachverhalte zu verstehen und diese während der Anhörung durch die Kommission verständlich darzulegen.
«Deckt sich mit unseren Erkenntnissen», sagt die Finanzkontrolle

«Wir teilen die Beurteilungen der GPK und können die Empfehlungen vollumfänglich unterstützen», schreibt die Finanzkontrolle. Der GPK-Bericht stelle die Mängel bei der Aufsicht der BLS AG durch die Direktion und den Regierungsrat transparent dar.
Die Finanzkontrolle hofft, dass der Bericht mehr Transparenz in die Vorkommnisse rund um die zu hohen BLS-Abgeltungen bringt. Ausserdem soll dadurch generell das kantonale Beteiligungscontrolling auf allen Stufen nachhaltig verbessert werden. Die «lückenlose Aufarbeitung» der Unregelmässigkeiten, welche die kantonale Bau- und Verkehrsdirektion im Februar 2020 in Aussicht stellte, habe bis heute nicht stattgefunden.
Weder der Regierungsrat noch die BVD hätten eigene umfassende Abklärungen gestartet, wie dies die GPK festgestellt habe. «Weshalb der Kanton Bern als Mehrheitsaktionär das Verhalten des Verwaltungsrates nicht durch eine unabhängige Untersuchung klären liess, dürfte aus Sicht von Dritten unverständlich sein», schreibt die Finanzkontrolle.
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