Simon Bichsel gibt den Stock weiter
Die Oekonomische Gemeinnützige Gesellschaft wählte am Samstag einen neuen Präsidenten, einen aus dem Seeland. Die Emmentaler haben die 260-jährige Geschichte der Organisation stark geprägt.

Was es mit dem Stock genau auf sich hat, weiss Simon Bichsel nicht. Nur dass Fritz Gerber ihn 2001 an Thea Aebi übergab und er das Stück vor 10 Jahren aus ihrer Hand entgegennehmen durfte – als Symbol für das Präsidium der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesellschaft (OGG).
Bichsel lebt in Trubschachen, Aebi in Alchenstorf, Gerber in Langnau. Sie gehören also alle zum Emmental. In den letzten 35 Jahren standen stets Emmentaler an der Spitze der OGG. Vor Gerber war es Hans Spreng, Direktor des Oeschbergs. Am Samstag nun wählte die Versammlung im Maison de la Tête de Moine in Bellelay erstmals wieder einen Seeländer zu ihrem Präsidenten: Peter Gäumann aus Port.
Die Aufgaben wechselten
Es war die 259. Mitgliederversammlung, an der der ehemalige Regierungsstatthalter des Amtes Signau den Stab übergab. 10 Jahre war Bichsel der OGG vorgestanden. Unter seiner Leitung hat sie sich neu positioniert. Denn die OGG drohte überflüssig zu werden. Andere hatten Aufgaben übernommen, die sie sich einst auf die Fahne geschrieben hatte.
Bichsel blickt zurück in die Anfänge der Gesellschaft, also ins 18. Jahrhundert. Eine unsichere Nahrungsmittelversorgung führte dazu, dass man Bschütti sammelte, als Dünger einsetzte und Stickstoff bindende Gräser kultivierte. Das Land musste nicht mehr zwischendurch brach liegen, es konnte durchgehend Gras wachsen, und die Kühe produzierten kräftig Milch.

So konnte die Bevölkerung ernährt werden, obwohl sie sich innerhalb von 100 Jahren verdoppelte, wie Bichsel zu bedenken gibt. Im 19. Jahrhundert gründete die OGG dann auf der Rütti eine landwirtschaftliche Schule. Unter der Leitung von Ex-Bundesrat Rudolf Minger sei die Bildung der Bauern aufgebaut worden.
Bichsel beeindruckt, dass Minger dafür zusammenspannte mit Werner Daepp, der zur damaligen Jungbauernbewegung gehörte. Denn auf dem politischen Parkett hätten sich die beiden bekämpft, in der OGG hätten sie aber gemeinsam am Karren gezogen. Ihre politische Unabhängigkeit wertet Bichsel denn auch als ein wichtiges Erfolgsmerkmal der Organisation.
Sozial engagiert
Im 20. Jahrhundert ging die bäuerliche Bildungsinstitution an den Kanton Bern über. Dass die OGG ihre Daseinsberechtigung nicht verlor, verdankte sie laut Bichsel in starkem Mass Fritz Gerber. Der Langnauer, der die Genossenschaft für landwirtschaftliches Bauen gegründet hatte, «erkannte, dass sie neue Aufgaben braucht».
Unter Gerbers Ägide zwischen 1990 und 2000 positionierte sich die OGG als soziale Organisation. Sie koordinierte zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen oder Senioren und Bauernfamilien, die betreutes Wohnen anbieten. Doch sie blieb in diesem Bereich nicht die einzige Anbieterin. Das war dem ehemaligen Statthalter Simon Bichsel durchaus bewusst, als er das Präsidium 2010 übernahm.
«Damals ging es um die Verhinderung von Hungersnöten, heute um die Wertschätzung von Lebensmitteln.»
Hinzu kam, dass mit dem Kindes- und Erwachsenenschutz sowie dem Wechsel von der Objekt- zur Subjektfinanzierung Änderungen bevorstanden. Das war der Anlass für eine Klausur, an der der Vorstand die Weichen neu stellte. Das betreute Wohnen wurde nun auf Anfang dieses Jahres in die selbstständige gemeinnützige Wobe AG überführt, eine 100-prozentige Tochter der OGG.
Gegen Verschwendung
Neu engagiert sich die Gesellschaft im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. So gab sie etwa in Zusammenarbeit mit dem Verein Foodwaste.ch das Kochbuch «Restenlos glücklich» heraus. Auch hat sie ein Erntenetzwerk aufgebaut. Damit will sie eine Brücke bauen zwischen ländlicher Bevölkerung und städtischer Kundschaft.
«Wären da nicht immer Menschen gewesen, die der , gäbe es uns nicht mehr.»
Eigentlich sei sie damit auch zu ihren Ursprüngen zurückgekehrt, sagt Bichsel. Damals sei es um die Verhinderung von Hungersnöten gegangen, heute um die Wertschätzung von Lebensmitteln. Damit trifft die OGG offenbar den Nerv der Zeit. «Die Mitgliederzahlen steigen leicht», sagt Simon Bichsel – und wird nicht müde zu betonen, dass er als Präsident nichts bewirkt hätte, wenn nicht der ganze Vorstand und Geschäftsführer Franz Hofer mit seinem Team kräftig mitgeholfen hätten.
Es schwingt Ehrfurcht mit, wenn Simon Bichsel an die 260-jährige Geschichte der OGG denkt. «Wären da nicht immer Menschen gewesen, die der ‹Mähre zum Oug gluegt hei›, gäbe es uns nicht mehr.»
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