Siegerin trotz zwei Niederlagen
Der erste Fed-Cup-Einsatz von Martina Hingis seit 1998 verlief anders als erwartet.

In ihren besten Zeiten trug Martina Hingis den martialischen Übernamen «smiling assassin» – lächelnde Mörderin. Dass sie ihr Lächeln noch immer nicht verloren hat, zeigte sie auch bei ihren ersten offiziellen Einzeln seit 7½ Jahren. An einem Wochenende im polnischen Provinzstädtchen Zielona Gora, das komplett anders verlief, als es gedacht gewesen war, kam sie nicht im Doppel zum Einsatz, dessentwegen sie nach 17 Jahren in den Fed-Cup zurückgekehrt war. Dafür bestritt die 34-Jährige zwei Einzel, die sie beide verlor, wobei sie sich so verausgabte, dass an einen Einsatz im abschliessenden, entscheidenden Doppel nicht mehr zu denken war.
Vier Punkte fehlten der früheren Nummer 1, und sie hätte Polen als grosse Siegerin verlassen und der Schweiz das siegbringende 3:1 gesichert. Im entscheidenden Moment aber zeigte sich, dass die grosse Rückkehrerin zwar nicht ihr Lächeln, wohl etwas das Siegen verlernt hat. Und dass ihr – was sie selber wiederholt angetönt hat – die körperliche Verfassung und Routine fehlen für lange, aufreibende Einzelpartien.
Zurück in ihrem Element
Dennoch war Hingis' Kurz-Comeback eines zum Geniessen und ihre Nomination im Einzel logisch. Gegen Agnieszka Radwanska zeigte sie beim 4:6, 0:6 am Samstag im ersten Satz, dass sie selbst gegen Top-10-Vertreterinnen spielerisch noch immer mithalten kann. Und gegen deren Schwester Urszula, die Nummer 114, demonstrierte sie bis zum Stand von 6:4, 5:2 das ganze Spektrum ihrer Einzigartigkeit – ihrer Präzision, Spielfreude und der Gabe, eine Gegnerin im Wortsinn auszuspielen. Es war eine unglückliche Verknüpfung der Umstände, dass ihr die Partie noch entglitt. Zu ihren Defiziten in Sachen Matchpraxis und Verfassung kam eine Gegnerin, die durch einen Fehlentscheid im siebten Game des zweiten Satzes angestachelt wurde und mit dem Rücken zur Wand zur Hochform auflief. Sie verlor bis zum 5:5 keinen Ballwechsel mehr und gab, wie sich zeigen sollte, bis zum Ende der Partie lediglich noch 17 Punkte ab.
Für Hingis sollte es keine wundersame Wende mehr geben, trotz einer minutenlangen Pause, in der sie gepflegt wurde, vor den letzten zwei Games. Doch auch bei diesem Spielstand hatte sie ihr Lächeln nicht verloren, wie auch im Moment der Niederlage nicht. Sie schien sich auf dem Court pudelwohl zu fühlen, voll im Element. Bis der Körper ihr die Grenzen wies. Die letzten Games spielte sie, von Beinkrämpfen geplagt, aus dem Stand und praktisch ohne Gegenwehr. Erst im Doppel, das sie von der Seitenlinie aus erleben musste, wich das Strahlen aus ihren Augen. Zu sehr schmerzte sie, die doch gerade drei grosse Doppeltitel in den USA gewonnen hatte (mit der Inderin Sania Mirza), dass sie als Nummer 4 der Welt bei ihrer Spezialdisziplin zuschauen musste, wie der Schweiz der Sieg noch zu entgleiten drohte. Mit einem solchen Szenario hatte sie nicht gerechnet, als sie am Samstag erklärt hatte: «Ich gebe alles, auch wenn ich mich danach im Spital erholen muss.»
Trotzdem war Hingis die treibende Kraft der Schweizerinnen. «Sie gab dem ganzen Team einen Schub», sagte Captain Heinz Günthardt. «Sie gab alles, zog alle mit. Was sie getan hat für unsere Mannschaft, kann man nicht genug hoch einschätzen. Ich ziehe meinen Hut.» Auch im Doppel feuerte sie ihre Kolleginnen von der Spielerbank permanent an. Und man hatte den Eindruck, dass Golubic und Bacsinszky auch – oder vielleicht sogar vor allem – für Martina Hingis siegten.
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