Eishockey-Pionierin tritt abSie spielte bei den Männern – und schrieb dabei Sportgeschichte
Als Torhüterin verblüffte sie viele, vorab aber das andere Geschlecht. Nun hört die Walliserin Sophie Anthamatten auf. Und begibt sich gleich wieder aufs Glatteis.

Jahrelang hütete sie das Tor, jetzt hütet sie einzig noch Hunde.
Sophie Anthamatten, Goalie-Pionierin aus dem Wallis, hört auf und kümmert sich fortan um ihre Hundepension. Im Februar stand sie ein letztes Mal zwischen den Pfosten, im 1.-Liga-Playoff-Derby für Saastal gegen Sion. Bei den Männern, versteht sich.
Anthamatten hat fast immer beim anderen Geschlecht gespielt. Und dabei Sportgeschichte geschrieben: Als erste Frau erkämpfte sie sich in der 1. Liga einen Stammplatz, 2019 kam sie als erste Frau im Schweizer Cup zum Einsatz, wobei sie beim 0:12 gegen Servette nach sieben Gegentreffern vom Eis musste. Dank zwei kurzen Ausleihen nach Lugano holte sie bei den Frauen zwei Meistertitel – und mit dem Nationalteam gewann sie an der WM 2012 in den USA sowie zwei Jahre später an den Olympischen Spielen in Sotschi Bronze. Es waren die ersten und sind bis heute die einzigen Schweizer Medaillen an Grossanlässen.

In der Landesauswahl stand Anthamatten stets im Schatten von Ausnahmekönnerin Florence Schelling. Im Oberwallis jedoch war ihr die Aufmerksamkeit gewiss. Bei Saastal teilte sie selbst die Garderobe mit den Männern; zu Beginn staunte sie ob dem rauen Umgangston und darüber, wie über Frauen gelästert wurde. Anthamatten trainierte zwischenzeitlich sogar mit dem Visper NLB-Team, aber mit dem erhofften Sprung ins Profieishockey klappte es dann doch nicht.
Und so blieb sie dem EHC Saastal treu. Diesem Verein ohne Stadion, der seine Spiele unter freiem Himmel austrägt, sodass die Torhüterin im tiefen Winter während der Partien ihre Zehen manchmal kaum mehr spürte. Mehr als 260 Spiele absolvierte die 31-Jährige, mit guten Leistungen entkräftete sie die Vorwürfe, sie würde im Verein Heimatschutz geniessen: Lebenspartner Martin Zerzuben, einst Goalie in Langnau und Biel, amtet als Trainer, Mutter Barbara ist Präsidentin.
Mit der Trainerausbildung hat Sophie Anthamatten längst begonnen, auch in der Immobilienbranche ist sie tätig, zudem führt sie Sophie’s Dog Lounge, ihre Hundepension. Und der Schritt in die nächste Männerdomäne ist ebenfalls bereits vollzogen: Sie steht nun als Schiedsrichterin auf dem Eis. Und bewegt sich damit weiter in vielerlei Hinsicht auf Glatteis.
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