Inkognito: Raten Sie mitSie schreibt Krimis, die an ihr eigenes Leben erinnern
Die liebenswürdig-toughen Frauenfiguren der Autorin sind ihr selbst sehr ähnlich. Wer ist die Bernerin, die regelmässig Bestseller verfasst?

Dass sie einmal Krimiautorin von schweizweitem Rang werden würde, war alles anderes als absehbar. «Meine Lehrerin kritisierte an meinen Aufsätzen stets meinen schwülstigen Stil», erzählte sie einst dieser Zeitung. Kein Wunder, hatte sie ursprünglich ein ganz anderes Ziel: Hundecoiffeuse wollte sie werden.
Doch schliesslich studierte die Bernerin Medizin und wurde Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie. Lange war sie im Zentrum in Münsingen tätig, das sie als ihre «Psychiatrie-Heimat» bezeichnet. Die medizinische Karriere füllte sie allerdings nicht ganz aus. Ein halbes Jahr nach der Geburt ihrer ersten Tochter verspürte sie den Wunsch, etwas Neues zu wagen. Sie fing an, einen Krimi zu schreiben. Kriminalromane seien wie der Arztberuf nahe dran an den Menschen, sagt die heute 49-Jährige zu dieser Entscheidung.
Seither veröffentlicht sie rund alle zwei Jahre ein Buch, und oft sind darin Parallelen zu ihren eigenen Berufserfahrungen zu erkennen. Damit steht sie in einer langen Tradition von Ärzten, die über das Schreiben Distanz schaffen zu den oft hochemotionalen Momenten bei ihrer Arbeit. Ihre Geschichten sind aber nicht etwa düster, sondern rasant erzählt und voller witziger Dialoge. Den Ansprüchen an hohe Literatur genügen sie nicht, aber sie unterhalten bestens.
Indem die inzwischen zweifache Mutter über eine Welt berichtet, die sie genau kennt, spart sie sich Recherchezeit. Wohl aus demselben Grund steht in vielen ihrer Geschichten eine energische Ärztin im Zentrum, die an sie selbst erinnert: Sie weiss, was sie will, und hat keine Mühe, das laut auszusprechen. Die Schriftstellerin findet: «Ich sage ja gern, dass ich würdiger und reifer bin als meine Protagonistin. Aber sie ist mir wohl ähnlicher, als mir lieb ist.»
Die Gemeinsamkeiten zwischen Hauptfigur und Autorin haben auch schon für Missverständnisse gesorgt. Als die damals 11-jährige Tochter vor einigen Jahre las, dass die verheiratete Ärztin im Buch den Oberarzt küsst, war sie schockiert. «Ich hatte dann ein langes Gespräch mit ihr über Fiktion und Realität», sagt die Schriftstellerin.
Wer ist die Berner Vielschreiberin, deren weibliche Hauptfiguren mit ihrer Mischung aus Strenge und Verletzlichkeit so komplex sind wie sonst nur wenige in der Schweizer Krimi-Landschaft?
Mirjam Comtesse ist Historikerin und arbeitet als Redaktorin im Ressort Bern. Ihre Schwerpunkte sind Bildungspolitik und Religion.
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