Grossrätin Pauline PauliSie führt den Nidauer Stadtrat künftig auf französisch
Pauline Pauli (PRR) ist ab Januar die höchste Nidauerin. Damit kommt es zu einer Premiere: Die Stadtrats-Debatten werden nächstes Jahr auf Französisch geleitet.

Das Jahr 2023 wird in die Annalen von Nidau eingehen. Zum ersten Mal überhaupt werden die Sitzungen des Stadtrats ab Januar auf Französisch geleitet. Die bisherige erste Vizepräsidentin Pauline Pauli (PRR), hat sich bereit erklärt, das Amt der Stadtratspräsidentin zu übernehmen. Aber nur unter der Bedingung, dass sie die Sitzungen in ihrer Muttersprache führen darf.
Ihre Partei sowie die deutschsprachige Partnerin FDP unterstützen sie. «Ohne eine offiziell zweisprachige Gemeinde zu sein, ist die Zweisprachigkeit ein Teil von Nidau», sagt Pauli. «Dass jeder in seiner Sprache spricht, ist für mich die wahre Zweisprachigkeit.» Sie wurde einstimmig gewählt.
Präsidentschaft mit Symbolcharakter
Obwohl die Gemeinde Nidau offiziell deutschsprachig ist, sprechen von ihren 7000 Einwohnerinnen und Einwohnern rund 23 Prozent französisch. «Die Präsidentschaft von Pauline Pauli schlägt eine Bresche in den Röstigraben», sagt die Geschäftsführerin des Forums für die Zweisprachigkeit, Virginie Borel. «Sie hat Symbolcharakter.»
«Die Präsidentschaft von Pauline Pauli schlägt eine Bresche in den Röstigraben.»
Man habe zwar nicht extra auf diesen Moment gewartet, um die Gemeindeverwaltungen rund um Biel dazu zu ermutigen, ihre Dienstleistungen in beiden Sprachen anzubieten, sagt Borel. «Aber eine solche Aktualität ermöglicht es, das Thema wieder ins Licht zu rücken.»
Pauline Pauli, die vor sechs Jahren in den Stadtrat von Nidau und dieses Jahr in den Grossen Rat des Kantons Bern gewählt wurde, hat ihre Kampagnen stets mit dem Blick auf die französischsprachige Minderheit geführt. «Der Nidauer PRR wurde in den 90er-Jahren von meinem Stiefgrossvater (Willy Pauli, Anm. d. Red.) gegründet und war die einzige Partei, die sich für die Romands einsetzte», erinnert sich die künftige Stadtratspräsidentin.
Sie habe sich 2014 entschieden, politisch aktiv zu werden, als der PRR das Referendum für die Einschulung französischsprachiger Kinder ergriff. »Dank diesem können die kleinen Romands weiterhin auf Kosten der Gemeinde Nidau die Schulen in Biel besuchen.«
Der Grossvater sprach noch Deutsch im Stadtrat
Als Mutter von zwei Kindern will sich Pauli weiterhin für diese Sache einsetzen, sowohl auf kommunaler als auch auf kantonaler Ebene. Durch die Übernahme des Stadtratspräsidiums, in dem von den 30 Mitgliedern nur zwei welsch sind, hofft Pauline Pauli, bei den französischsprachigen Menschen die Lust auf Politik zu wecken. Der Trend habe offenbar bereits begonnen: «Schon bei den letzten Gemeindewahlen haben alle Parteien mindestens einen Französischsprachigen oder eine Französischsprachige auf ihre Liste gesetzt.»
«Ich denke, dass die Übersicht auf Französisch für die meisten Stadträte kein Problem sein wird.»
Der PRR wiederum hatte bereits Vertreter im Präsidium des Nidauer Stadtrats – Willy Pauli und Jean-Pierre Dutoit. Sie sprachen jedoch vor dem Parlament stets Deutsch. Pauline Pauli bricht nun mit dieser Tradition. Besteht deshalb die Gefahr, dass die Stadträte den Überblick über die Sitzungen verlieren? «Ich denke, dass dies für die meisten Stadträte kein Problem sein wird, zumal alle Dokumente weiterhin ausschliesslich auf Deutsch gedruckt werden», sagt Luzius Peter, Präsident der SP-Fraktion im Nidauer Parlament.
Auch die SVP begrüsst Entscheid
SVP-Fraktionspräsident Leander Gabathuler, der sich selbst als zweisprachig bezeichnet, sieht das auch so: «Wie alle Präsidentinnen und Präsidenten vor ihr wurde auch Pauline Pauli in unserer letzten Sitzung einstimmig gewählt», stellt er fest. Das beweise, dass die Sprache im Parlament niemandem Probleme bereitet.
Die beiden Politiker begrüssen diese kleine Revolution, die ein positives Zeichen für die französischsprachige Minderheit darstelle. «Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und in den Schulen sowohl deutsch- als auch französischsprachige Lehrkräfte einsetzen», argumentiert Luzius Peter. «Ich bin sicher, dass dies für die Kinder einen erheblichen Vorteil bedeuten würde.»
Und Virginie Borel, die Direktorin des Forums für die Zweisprachigkeit, ergänzt, dass eine Entwicklung wie diejenige in Nidau auch in umgekehrter Konstellation wünschenswert sei: «Wir wollen die Territorialität der Sprachen durchbrechen. Das kann auch in Gemeinden mit französischsprachiger Mehrheit, in denen Deutschsprachige wohnen, erreicht werden.»
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