Sein Coming-out zielte Richtung Sotschi
Thomas Hitzlsperger hat für sein öffentliches Bekenntnis zur Homosexualität bewusst einen Zeitpunkt kurz vor Olympia gewählt. Im Video erklärt er, warum er den Schritt nicht als Aktiver wagte.
«Die Olympischen Spiele von Sotschi stehen bevor, und ich denke, es braucht kritische Stimmen gegen die Kampagnen mehrerer Regierungen gegen Homosexuelle», sagte der frühere deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger im Gespräch mit der Zeitung «Die Zeit». In einer kurzen Passage äusserte er sich zum aktuellen Umgang mit Homosexuellen in Russland, wo in rund einem Monat die Olympischen Winterspiele beginnen.
In der Nacht auf heute hat Hitzlsperger zudem eine längere Erklärung über sein Coming-out als Homosexueller herausgegeben. «Profisport und Homosexualität schliessen sich nicht aus, davon bin ich überzeugt», heisst es darin. Er sagt zudem, warum er sich nicht bereits als Aktiver zu seiner Homosexualität bekennen wollte. Zu Beginn seiner Karriere habe er sich erst seiner Sexualität bewusst werden müssen. Er sei auch acht Jahre in Beziehung mit einer Frau gewesen. Auf die Angst vor negativen Reaktionen seiner Mannschaftskollegen angesprochen sagte Hitzlsperger: «Wer ein Gefühl für die Stimmung in einer Mannschaft hat, der weiss einfach, was angesagt ist. Der Gruppenzwang kann enorm sein.»
Neugierig auf die Winterspiele
Dem Londoner «Guardian» sagte Hitzlsperger, eine Debatte über die Lage in Russland sei erforderlich. Hitzlsperger äusserte die Hoffnung, er werde mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit «jungen Spielern und Profisportlern Mut machen». Jeder Mensch solle so leben dürfen, dass er «wegen seiner Herkunft, Hautfarbe, sexuellen Neigung oder Religion keine Angst haben muss, diskriminiert zu werden», erklärte der 31-Jährige. «Das verstehe ich nicht als politisches Statement, sondern als Selbstverständlichkeit.» Er wünsche sich, dass «die öffentliche Diskussion jetzt wieder ein Stück weiterkommt». Die «Fussballszene» begreife sich «in Teilen immer noch als Machowelt», beklagte Hitzlsperger. Das Bild eines schwulen Spielers werde «von Klischees und Vorurteilen geprägt», die Realität sehe indes «anders aus».
Gegen die Diskriminierung von Minderheiten, ob sexueller oder anderer, müsse etwas unternommen werden, sagte Hitzlsperger dem «Guardian», der ihn auf die bevorstehenden Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi ansprach. Er sei «neugierig» zu sehen, was bei den Olympischen Spielen in Russland geschehen werde, sagte Hitzlsperger. Jedenfalls habe er nichts dagegen, dass sein Coming-out auch im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen diskutiert werde.
Das russische Parlament verabschiedete im Juni ein Gesetz, das die Propagierung der Homosexualität in Gegenwart von Minderjährigen unter Strafe stellt. Schwule und Lesben kämpfen in der konservativen russischen Gesellschaft mit vielfachen Erscheinungsformen von diskriminierender Behandlung.
Nur wenige Sportler outen sich
Hitzlspergers Coming-out wurde am Mittwoch über ein Gespräch mit der Wochenzeitung «Die Zeit» publik. Der Fussballer spielte in der Jugend für den FC Bayern München, 2000 wechselte er zum englischen Premier-League-Verein Aston Villa. Danach war er unter anderem Kapitän des VFB Stuttgart, spielte in England und Italien. Für die deutsche Nationalmannschaft lief der Mittelfeldspieler zwischen 2004 und 2010 insgesamt 52-mal auf. Vor vier Monaten zog sich Hitzlsperger aus dem öffentlichen Leben als Fussballprofi zurück.
Es gibt nur wenige international bekannte Sportler, die ihre Homosexualität publik gemacht haben. Dazu zählen der Wasserspringer Greg Louganis, der Basketballspieler John Amaechi und die Tennisspielerin Martina Navratilova.
AFP/ldc
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