Würden Sie eingebürgert?
Reporterin Simone Schmid über die abgelehnte Einbürgerung eines Forschers.
Einem pensionierten Chemiker, der Jahrzehnte in der Schweiz geforscht und Nachwuchs ausgebildet hat, wird das Bürgerrecht verweigert. Weil er in seiner Wohngemeinde nicht integriert sei, weil er sich in der lokalen Politik nicht auskenne, weil er die sechs Viertel des Bezirks nicht alle aufzählen könne. Er interessierte sich zu wenig für seine direkte Umgebung, darum darf er nicht Schweizer werden. Dieser Fall ist sicher nicht repräsentativ. Doch er macht einen nachdenklich: Sind die Vorgaben, nach denen die Staatsbürgerschaft vergeben wird, noch zeitgemäss?
In unserer hoch mobilen und hoch kommunikativen Gesellschaft findet das soziale Leben nicht mehr zwingend da statt, wo wir schlafen und einkaufen. Der besagte Dozent lebt in Einsiedeln und forschte in Zürich, sein soziales Netz reicht weit über seine Wohngemeinde hinaus. Natürlich kann man fordern, dass Leute, die den Schweizer Pass wollen, die Geografie der Umgebung und Fakten zum Wohnort auswendig lernen. Aber macht das einen Schweizer aus? Zählt nicht vielmehr das, was wir in einem grösseren Massstab für die Gesellschaft tun? Wenn wir weiterhin auf die lokale Vernetzung pochen, dann sollten wir uns alle bei der Nase nehmen und dafür sorgen, dass auch wir die Einbürgerungskriterien erfüllen würden. Aber eigentlich spricht nichts dagegen, die Kriterien der Schweizerwerdung in diesem Punkt einer Generalüberholung zu unterziehen.