Wende im Streit um Eigenmietwert
Plötzlich scheint im Endlosstreit um den Eigenmietwert eine Einigung denkbar. Der Hauseigentümerverband akzeptiert neuerdings, dass mit dem Eigenmietwert auch Steuerabzüge rund ums Haus weitgehend wegfallen. Aber der Teufel liegt im Detail.

Tausende Wohneigentümer im ganzen Land nerven sich über den Eigenmietwert. Jahr für Jahr müssen sie diesen auf der Steuererklärung als Einkommen angeben, obwohl sie dieses gar nie erhalten haben. Das Konstrukt soll verhindern, dass Eigentümer gegenüber Mietern zu stark bevorteilt werden.
Ein Ärgernis ist der Mietwert vorab für ältere Eigentümer, die mehr Steuern zahlen, weil sie die Hypothek abbezahlt haben. Bisher sind alle Versuche, den Eigenmietwert abzuschaffen, gescheitert.
Doch nun gibt es berechtigten Grund zur Hoffnung, dass das Parlament doch noch eine mehrheitsfähige Lösung findet. Am Freitag hat einer der wichtigsten Akteure, der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV), die Karten auf den Tisch gelegt. Er ist überraschend kompromissbereit.
Der HEV akzeptiert, dass bei einer Abschaffung des Eigenmietwerts auch die mit dem Wohneigentum verbundenen Steuerabzüge gestrichen oder zumindest stark reduziert werden. Vor allem dürften Eigentümer konsequenterweise auch keinen Steuerabzug für die bezahlten Hypothekarzinsen mehr vornehmen, wenn sie den Mietwert nicht mehr versteuern. Dies will der HEV nun akzeptieren.
Abzug für junge Käufer
Darüber hinaus zeigt sich der Verband sogar bereit, die Steuerabzüge für Unterhaltskosten und energetische Sanierungen aufzugeben. Jedenfalls will der HEV explizit keine Forderungen für den Erhalt dieser Steuerabzüge erheben. «Denkbar» sei aber, dass «allenfalls» die Kantone solche Abzüge zulassen könnten.
Hingegen hält der HEV fest, der Systemwechsel dürfe nicht dazu führen, dass sich Jüngere den Kauf eines Eigenheims immer weniger leisten könnten. Deshalb schlägt er einen «Ersterwerberabzug» vor: Wer erstmals ein Eigenheim kauft, kann während einiger Jahre immer noch einen Schuldzinsabzug vornehmen.
Haltung stark revidiert
Mit diesen Eckwerten hat der HEV seine Haltung stark aufgeweicht. Bisher hatte er stets versucht, mehr herauszuholen, unterlag aber immer: eben erst mit einem Vorstoss im Ständerat, 2012 mit der Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» (52,6 Prozent Nein).
Der letzte Vorstoss führte immerhin dazu, dass nun die Wirtschaftskommission des Ständerats einen neuen Versuch für die Abschaffung des Eigenmietwerts startet (wir berichteten). Dies veranlasste denn auch den HEV dazu, diese Woche seine Haltung zu klären.
Sogar die Mieter rühmen
Der neue Positionsbezug fiel dem Vorstand nicht leicht. «Wir haben lange diskutiert, wie wir uns positionieren wollen, und dann entschieden, einen grossen, einen sehr grossen Schritt zu machen», sagt die Vizepräsidentin des HEV, CVP-Ständerätin Brigitte Häberli (TG). Sie erinnert an all die gescheiterten Versuche und Vorschläge des HEV.
«Wir kamen zur Einsicht, dass wir uns ebenfalls bewegen müssen, um in diesem verfahrenen Geschäft weiterzukommen.» Häberli sagt, nun müssten all jene Kräfte im Parlament, die «versprochen» hätten, einen sauberen Systemwechsel zu unterstützen, den Worten Taten folgen lassen. Das gelte auch für den Bundesrat.
Das Verhandlungsangebot des HEV wird sogar von dessen «natürlichen Gegnern» – den Mietern – honoriert: «Die Stellungnahme ist sicher eine gute Diskussionsgrundlage, um den Eigenmietwert abzuschaffen», sagt Michael Töngi, Generalsekretär des Mieterverbands, auf Anfrage. In Detailfragen ist er zwar skeptisch, vor allem bei den kantonalen Steuerabzügen.
Insgesamt aber zeigt sich Töngi gesprächsbereit. Er erinnert indes daran, dass bisherige Anläufe für einen fairen Systemwechsel wegen «Querschüssen» im Parlament gescheitert seien: wegen Einzelanträgen für neue «Privilegien» der Eigentümer.
Der geplante Systemwechsel ist nicht nur politisch schwierig, sondern auch technisch. Zum Beispiel soll der Eigenmietwert nur am Hauptwohnsitz entfallen. Vermieter oder Ferienhausbesitzer hingegen sollen den Mietwert weiterhin versteuern. Logischerweise dürfen sie für diese Liegenschaften auch weiterhin Steuerabzüge für Schuldzinsen machen.
Ein Problem liegt nun darin, dass laut Fachleuten nicht immer so klar ist, welche Schulden zu welchem Objekt gehören. Anders gesagt: Wer ein Ferienhaus oder vermietete Wohnungen besitzt, könnte Steuern sparen, indem er die Hypothek des Hauptwohnsitzes über die anderen Liegenschaften laufen lässt. Darauf weist die Eidgenössische Steuerverwaltung in einem Bericht hin.
Das Beispiel zeigt, dass noch viele Fragen offen sind – und der Eigenmietwert möglicherweise auch den nächsten Angriff überlebt.
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