Warum sollten Erben das Geld behalten dürfen?
Nachkommen haben keinen Anspruch auf Geld, mit dem Steuerzahler vermeintlich arme Leute unterstützt haben.

Mit seltener Einhelligkeit hat das Parlament im Frühling eine Rückerstattungspflicht für die Nachkommen von Bezügern von Ergänzungsleistungen (EL) beschlossen. Wenn Rentner EL beziehen, sollen diese nach dem Tod aus der Erbmasse dem Staat zurückerstattet werden, bis zu einem Betrag von 40'000 Franken. Der Antrag von CVP-Nationalrätin Ruth Humbel wurde im Rat diskussionslos gutgeheissen.
Wie sich jetzt zeigt, gibt es durchaus Kritik. Sozialversicherungsexperten – und wohl auch ein Teil der Bevölkerung – bezeichnen die Rückerstattungspflicht als Enteignung und Aushebelung des Erbrechts.
Die Kritik beruht auf der Idee, dass sich jeder brave Bürger ein Vermögen ansparen soll, das er später seinen Kindern weitergibt. Wehe, der Staat kommt ihm dazwischen, zuerst mit hohen Kosten für Pflege- und Altersheim, später mit dem Rückerstattungsanspruch. Die Menschen wären nicht mehr motiviert, zu sparen, wird argumentiert.
Das mag bis zu einem gewissen Grad zutreffen. Doch viel gewichtiger ist ein anderer Punkt: Warum beziehen Vermögende überhaupt Sozialleistungen, die für bedürftige Rentner gedacht sind? Warum gilt jemand als bedürftig, der Vermögen besitzt? Und warum sollen die Erben, die ja nicht für die Pflegekosten ihrer Eltern aufgekommen sind noch diese selber gepflegt haben, einen Anspruch haben auf Geld, mit dem der Steuerzahler vermeintlich arme Leute unterstützt hat?
Die Sozialausgaben sind in den letzten zwanzig Jahren enorm gestiegen, und die Ergänzungsleistungen sind der grösste Teil davon. Um die Jahrtausendwende betrugen sie noch gut 2 Milliarden Franken, heute sind es schon 5 Milliarden. Die systemische Diskussion darüber, dass die EL als bedingungslos geschuldete Bedarfsleistung theoretisch nicht rückgefordert werden darf, zielt am Gerechtigkeitsempfinden vorbei und höhlt den Sinn des Sozialstaats aus: Dort helfen, wo es nötig ist.
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