Streumunition und Gruppenanfragen: Der Nationalrat in Kürze
An der Frühjahrssession haben die Mitglieder der grossen Kammer heute über verschiedene Vorlagen diskutiert. Ein Überblick.

Gruppenanfragen
Die Schweiz kommt den USA beim Bankgeheimnis stärker entgegen als anderen Staaten. Nach dem Ständerat ist auch der Nationalrat mit Gruppenanfragen aus den USA einverstanden. Er hat am Montag einer Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Vereinigten Staaten mit 110 zu 56 Stimmen bei 14 Enthaltungen zugestimmt. Damit wird die Schweiz den USA künftig in Fällen von Steuerhinterziehung auch dann Amtshilfe leisten, wenn sich die Anfrage auf eine Gruppe von nicht einzeln identifizierten Personen bezieht und der Verdacht auf einem bestimmten Verhaltensmuster gründet. Gegen die Vorlage, die eine Lösung im Steuerstreit mit den USA näher bringt, stimmten die SVP und vereinzelte Grüne.
Doppelbesteuerungsabkommen
Der Nationalrat genehmigte auch zehn andere Doppelbesteuerungsabkommen, unter anderem jene mit Singapur, Hong Kong, Russland und Spanien. Bei einem Teil ging es um die Anpassung an die aktuelle Interpretation des OECD-Standards. Diese besagt, dass für die Amtshilfe Name und Adresse des mutmasslichen Steuersünders oder der Bank nicht zwingend sind. Es reicht, wenn der Steuerpflichtige auf andere Weise identifiziert werden kann.
Streumunition
Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Ratifizierung des Übereinkommens über das Verbot von Streumunition zugestimmt. Mit 146 zu 26 Stimmen sagte die grosse Kammer Ja zur Konvention, welche die Schweiz 2008 als einer der ersten Staaten unterzeichnet hatte. Zusätzlich zum Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Vermittlung und Transfer von Streumunition haben National- und Ständerat zusätzlich ein Finanzierungsverbot ins Kriegsmaterialgesetz aufgenommen. Die Schweiz geht damit weiter als es die Konvention verlangt.
Teuerungsausgleich
Lohn und Entschädigung für National- und Ständeräte sollen nicht der Teuerung angepasst werden, und auch die Vorsorgebeiträge sollen nicht nach dem tatsächlichen Einkommen bemessen werden. Der Nationalrat trat mit 74 zu 78 Stimmen bei 9 Enthaltungen knapp nicht auf eine Parlamentarische Initiative des Büro des Ständerates ein. SVP und FDP wehrten sich wegen der aktuellen wirtschaftlichen Situation gegen die Vorlage. Die Ratslinke versuchte erfolglos die zunehmend anspruchsvolle Ratsarbeit in den Vordergrund zu rücken.
Religion
Christliche Symbole sollen in der Schweiz eine Sonderstellung erhalten. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Ida Glanzmann mit 87 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen gutgeheissen. Die Luzerner CVP-Nationalrätin fordert, dass in der Bundesverfassung festgehalten wird, dass Symbole der christlich- abendländischen Kultur im öffentlichen Raum zugelassen sind. Sie sieht diese Symbole gefährdet und beruft sich dabei unter anderem auf einen Fall eines Freidenkers, der im Kanton Luzern die Entfernung eines Kruzifixes aus einem Klassenzimmer gefordert hatte. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission hielt dies für unverhältnismässig. Die Toleranz gegenüber christlichen Symbolen im öffentlichen Raum sei nicht bedroht. Damit konnten sie sich aber nicht durchsetzen.
Aussenpolitik
Der Nationalrat hat am Montag vom Aussenpolitischen Bericht 2011 Kenntnis genommen. Zu entscheiden gab es nichts. Die Parteien nahmen die aussenpolitische Auslegeordnung des Bundesrats aber zum Anlass, die Aussenpolitik des letzten Jahres Revue passieren zu lassen. Ausserdem profitierten sie von der Gelegenheit, die vom neuen Aussenminister Didier Burkhalter in den letzten Wochen angekündigten Akzentverschiebungen zu kommentieren. Kenntnis nahm der Nationalrat auch vom Jahresbericht 2011 der Parlamentarierdelegation beim Europarat.
Krankenversicherung
Gesundheitsminister Alain Berset lässt Massnahmen prüfen, wie in Zukunft ausserplanmässige Erhöhungen der Krankenkassenprämien verhindert werden können, wie sie vor zehn Tagen die EGK ankündigte. Erste Verbesserungen verspricht er sich vom neuen KVG-Aufsichtsgesetz, wie er am Montag in der Fragestunde des Nationalrats sagte.
Verwahrung
Der Bundesrat will nicht alle Verwahrte für immer einsperren. Justizministerin Simonetta Sommaruga bekräftigte in der Fragestunde die Position des Bundesrates, wonach die Verwahrung nicht lebenslänglich verwahrter Menschen regelmässig überprüft werden müssen. Dies hielt der Bundesrat bereits in einer Antwort auf eine Motion fest, die verlangt, dass Verwahrte keinen Ausgang und keinen Hafturlaub erhalten dürfen. Ob aufgrund des sehr tragischen Vorfalls in Basel die Gesetzgebung für alle Verwahrten verschärft werde, müsse das Parlament diskutieren.
Arbeitslosenversicherung
Der Nationalrat hat es mit 107 zu 60 Stimmen abgelehnt, die Kantonsklausel wieder ins Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) aufzunehmen. Die Klausel hatte es früher Kantonen mit hoher Arbeitslosigkeit erlaubt, die Höchstzahl der Taggelder um 120 Tage zu erhöhen, wenn der Kanton sich mit 20 Prozent an den Kosten beteiligte. Die Mehrheit des Nationalrats wollte die Einsparungen, die durch die letzte AVIG- Revision entstanden waren, nicht rückgängig machen. Sie fürchtete um die schnelle Sanierung der Arbeitslosenversicherung.
Gentechnologie
Der Verfassungsartikel zu Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich soll nicht ausgedünnt werden. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Jacques Neirynck (CVP/VD) mit 81 zu 78 Stimmen bei 7 Enthaltungen abgelehnt. Der Waadtländer Nationalrat wollte, dass das Gros der Bestimmungen von Artikel 119 ins Gesetz ausgelagert werden. Aufgrund der schnellen Entwicklung in diesen Forschungsfeldern seien die Bestimmungen auf Gesetzesebene besser aufgehoben, denn so könnten sie schneller angepasst werden. Der Nationalrat war jedoch der Meinung, dass der Artikel auf eine breite Debatte rund um einen Gegenentwurf zu einer Volksinitiative zurückgehe und es damit nicht opportun sei, diesen zu ändern.
Parteifinanzierung
Parteien sollen nicht alle drei Monate einer Offenlegungsstelle Einblick in ihre Bücher gewähren müssen. Der Nationalrat hat mit 98 zu 68 Stimmen eine parlamentarische Initiative der SP mit dieser Forderung abgelehnt. Die SP forderte insbesondere Transparenz zu Spenden von mehr als 10'000 Franken. Die Schweiz müsse bei der Parteienfinanzierung endlich Transparenz schaffen. Dies fordere auch die Antikorruptions-Organisation Transparency International. Die bürgerliche Ratsmehrheit wies den Vorwurf zurück, dass das Geld im politischen Entscheidungsprozess eine so wichtige Rolle spiele. Der Vorschlag sei zudem eine Scheinlösung, da die Offenlegung der Spenden leicht umgangen werden könne. Auch sei die Meldestelle mit grossem bürokratischem Aufwand verbunden. Die staatspolitische Kommission (SPK) habe sich wiederholt über das Thema gebeugt. Alle geprüften Vorschläge seien mit Nachteilen verbunden. Deshalb habe die SPK das Thema nicht weiterverfolgt.
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