Schützen halten an Referendum fest
Nach der Vernehmlassung kommt der Bundesrat den Kantonen bei der Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie entgegen. Nicht zufrieden sind dagegen die Schützen.

Nach den Terroranschlägen in Paris im Jahr 2015 hat die EU das Waffenrecht verschärft. So haben die Mitgliedstaaten den Zugang zu halbautomatischen Waffen erschwert – das sind Waffen, mit denen man mehrere Schüsse abgeben kann, ohne nachzuladen. Weil die Schweizer Armeewaffe ebenfalls in diese Kategorie fällt und die Schweiz als Schengen-Mitglied die EU-Richtlinien umsetzen muss, gingen hierzulande die Schützen sofort auf die Barrikaden. Am Recht der Schweizer auf Waffenbesitz sei nicht zu rütteln, verkündeten sie. Sollte der Bundesrat die Waffengesetze verschärfen, würden sie gegen das Gesetz dereinst das Referendum ergreifen.
Gestern erklärte Justizministerin Simonetta Sommaruga vor den Medien, wie der Bundesrat das Gesetz nach der Vernehmlassung angepasst hat. Die Kurzfassung lautet: fast nicht. Im Grossen und Ganzen hält der Bundesrat an der Version fest, die er im September letzten Jahres präsentiert hat.
«Das Gesetz trägt nichts dazu bei, die Sicherheit in der Schweiz zu verbessern.»
Das sei auch gar nicht anders möglich gewesen, sagte Sommaruga. «Wir haben den Spielraum ausgereizt», den die EU-Richtlinie ermöglichte, «wir sind an die Grenzen gegangen.» Sie bitte die Schützen, sich genau anzusehen, was man an Ausnahmen erreicht habe, sagte sie sinngemäss. Denn im Wissen um deren Widerstand hatte Bern bereits zuvor entschieden, nicht alle Vorgaben ganz so wortgetreu umzusetzen, wie das die Richtlinie verlangt.
Sturmgewehr bleibt zu Hause
So ist im Gesetz – anders als in der EU-Richtlinie – keine Rede davon, dass Besitzer von halbautomatischen Waffen medizinische oder psychologische Tests absolvieren müssen. Auch für Jäger ändert sich mit dem neuen Gesetz nichts, ebenso wenig für die heutigen und die künftigen Besitzer einer Armeewaffe. Sie dürfen ihr Sturmgewehr wie bisher nach Hause nehmen. Dafür sorgt eine Ausnahmeregelung, welche die Schweiz mit der EU aushandeln konnte.
Eine Änderung gibt es dagegen für Sportschützen. Falls sie eine halbautomatische Waffe kaufen wollen, brauchen sie dafür künftig eine Bewilligung. Diese erhalten sie, falls sie Mitglied in einem Schiessclub sind oder den Behörden nachweisen können, dass sie regelmässig schiessen, zum Beispiel in einem Schiesskeller. Sportschützen, die bereits eine halbautomatische Waffe besitzen, müssen sich vom Kanton eine Bewilligung einholen, falls die Waffe nicht schon registriert ist. Diese Neuerung wollen die Schützenverbände nicht akzeptieren; sie sprechen von einer «Enteignung» der Waffenbesitzer.
Neben den Schützen hatten sich in der Vernehmlassung auch die Kantone kritisch zu Wort gemeldet. Sie fürchteten sich vor der zusätzlichen Bürokratie, welche die Regelung mit sich bringen würde. Laut Schätzungen stehen in Schweizer Haushalten rund 200 000 halbautomatische Waffen herum, die ihre Besitzer nun registrieren müssen. Zudem müssen Händler den Verkauf solcher Waffen künftig den Kantonen melden. Um den Kantonen entgegenzukommen, hat der Bundesrat deshalb entschieden, die entsprechenden Fristen zu verlängern: Waffenbesitzer erhalten drei Jahre Zeit, ihr Gewehr anzumelden. Und die Händler erhalten 20 statt 10 Tage Zeit, um den Kantonen eine Meldung zu machen. Laut Sommaruga zeigten sich die Kantone mit den Änderungen einverstanden.
«Das können wir nicht akzeptieren»
Ganz anders die Schützen. Sie kritisieren den Entscheid des Bundesrats scharf. «Das Gesetz trägt nichts dazu bei, die Sicherheit in der Schweiz zu verbessern», sagt Werner Salzmann, SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schiesssportvereins. Dafür würden unbescholtene Bürger mit der neuen EU-Kategorisierung plötzlich zu Besitzern von verbotenen Waffen gemacht. «Das können wir nicht akzeptieren.» Der Entscheid des Bundesrats sei ein Affront gegenüber den Schützen, findet Salzmann. «Wenn das Parlament diesen Entscheid nicht noch umkehrt, werden wir dagegen das Referendum ergreifen müssen.»
Ein Referendum würde allerdings die Schweizer Mitgliedschaft bei Schengen/Dublin aufs Spiel setzen und damit den Zugriff auf europaweite Datenbanken für Verbrecher. Zudem könnten Asylbewerber, deren Gesuch in anderen EU-Ländern abgewiesen wird, hierzulande ein zweites Mal ihr Glück versuchen.
SVP erwägt Unterstützung
Salzmann ist sich dessen bewusst, sieht den Fehler aber beim Bundesrat. «Er hätte es in der Hand gehabt, den Schützen entgegenzukommen.» Auf die Unterstützung der Parteien dürfen die Schützen nur begrenzt zählen, abgesehen vielleicht von der SVP. Diese will laut Communiqué «alle unnötigen Verschärfungen in unserem Waffengesetz entschieden bekämpfen». Sollte es nicht gelingen, die entsprechenden Punkte zu verbessern, ziehe die Partei die Unterstützung eines Referendums in Betracht.
FDP und CVP dagegen unterstützen den Vorschlag des Bundesrats. Laut der FDP hat dieser den Handlungsspielraum «gut ausgenutzt». Auch die CVP kann mit dem vorliegenden Vorschlag leben. Und von der SP, welche die Waffengesetze eher noch verschärfen möchte, können die Schützen ohnehin keine Unterstützung erwarten.
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