«Nur Frauen zu nominieren, ist riskant»
Die Freisinnigen müssten diesmal unbedingt eine Frau in den Bundesrat bringen, sagt Joachim Eder. Gerade deshalb müsse die Partei auf ein gemischtes Ticket setzen.

Nach den zwei Rücktritten im Bundesrat melden die Frauen, die Zentral- und die Ostschweiz Ansprüche an. Wen soll das Parlament erhören?
Absolute Priorität hat die Vertretung der Frauen. Umso besser, wenn eine Kandidatin auch noch aus einer passenden Region kommt wie Karin Keller-Sutter. Sie ist eine Frau, eine starke Politikerin, hat Exekutiverfahrung, ist dossiersicher, in der Kommunikation überdurchschnittlich, sehr sprachbegabt – und sie kommt aus der Ostschweiz, die seit langem nicht mehr im Bundesrat vertreten ist. Mit ihrer Wahl schlagen wir – wenn ich das so sagen darf – zwei Fliegen mit einer Klappe.
Karin Keller-Sutter wird also antreten?
Davon gehe ich aus.
Warum eigentlich ist für Sie als freisinniger Mann die Frauenfrage so wichtig?
Die FDP hatte fast 30 Jahre keine Bundesrätin mehr. Mit Ignazio Cassis haben wir bereits einen Mann im Bundesrat und mit Karin Keller-Sutter jetzt eine hoch qualifizierte Kandidatin. Natürlich steht immer die Qualität der Kandidierenden im Vordergrund. Frau Keller-Sutter kann es aber auch fachlich mit jedem Mann aufnehmen.
Auch mehrere Parlamentarier aus Ihrer Partei signalisieren Interesse am Amt. Sind sie nicht gut genug? Oder müssen alle Männer nun einfach der Frau den Vortritt lassen?
Wir haben sicher auch qualifizierte männliche Interessenten. Ich würde es daher begrüssen, wenn die FDP ein Zweierticket mit einer Frau und einem Mann aufstellen würde.
Doris Fiala, die Präsidentin der FDP-Frauen, fordert ein reines Frauen-Ticket, damit garantiert eine Frau gewählt wird.
Die Frauen-Sektion einer Partei kann wohl fast nicht anders, als eine solche Forderung aufzustellen. Ich erachte es aber als Risikostrategie für die Frauen, zwei Frauen zu nominieren.
Warum?
Ein grosser Teil der FDP sieht in Frau Keller-Sutter die bestqualifizierte Kandidatin, die wir haben. Wenn wir neben ihr eine zweite Frau nominieren, bieten wir eine Frauenauswahl. Das ist gefährlich, weil die restlichen Parteien damit eingeladen werden, die andere Frau wählen. Darum plädiere ich dezidiert für ein gemischtes Ticket, idealerweise mit Karin Keller-Sutter und einem starken Mann.
Birgt das nicht die Gefahr, dass das Parlament wieder den Mann wählt – so wie 1998 bei Christiane Langenberger, 2003 bei Christine Beerli, 2010 bei Karin Keller-Sutter und 2017 bei Isabelle Moret?
Bei dieser Wahl ist die Frauenfrage derart vordringlich, dass es praktisch unmöglich wird, zu begründen, warum man wieder nicht die Frau wählt – nicht nur für die FDP, sondern auch für die anderen Parteien. Gerade jene Parteien, die seit Jahren Frauen fordern, hätten enormen Erklärungsbedarf.
Bei ihrer ersten Kandidatur besass Keller-Sutter nicht den vollen Support ihrer Partei. Ist das heute anders?
Auf jeden Fall. Nur schon, weil sie seit 2010 eine äusserst positive Entwicklung durchgemacht hat. Sie ist heute noch vernetzter als damals, auch über die Parteigrenzen hinweg. Sie kennt die bundespolitischen Dossiers à fonds, und sie hat ihr souveränes Auftreten gerade auch als Ständeratspräsidentin mehrfach bewiesen. Das alles macht sie zur noch idealeren Kandidatin als damals.
Vorbehalte gegen Keller-Sutter hört man aus der SVP. Dort heisst es, sie sei nach links gerutscht; Martin Schmid sei bürgerlicher als sie.
Dass Karin Keller-Sutter deutlich rechts der Mitte steht, beweisen die verschiedenen Zeitungsratings. Und auch ich hätte nichts davon gespürt, dass sie nach links gerutscht sein sollte.
Wenn die Ostschweizerin Keller-Sutter FDP-Bundesrätin wird, geht dann der CVP-Sitz in die Zentralschweiz?
Es wäre gut, wenn die Zentralschweiz nach vielen Jahren wieder einen Bundesrat bekäme. Der beste Kandidat, der vermutlich auch gewählt würde, wäre CVP-Präsident Gerhard Pfister. Er hat sich aber selber aus dem Rennen genommen. Nun denke ich, dass es auf einen Kampf zwischen der Walliserin Viola Amherd und einer Zentralschweizer Kandidatur hinauslaufen wird, etwa mit Nationalrätin Andrea Gmür oder Ständerat Erich Ettlin.
Sie als Zuger Ex-Regierungsrat und langjähriger Ständerat brächten ebenfalls das Profil für den Bundesrat mit.
(lacht) Danke fürs Kompliment! In anderen Ländern mögen Männer in meinem Alter erst in die Politik einsteigen. Doch es macht null Sinn, einen 66-jährigen abtretenden Bundesrat durch einen 67-jährigen Ständerat wie mich zu ersetzen.
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