Arbeitslosenkasse spart auf dem Buckel der Jungen
Junge sollen weniger Geld von der Arbeitslosenversicherung bekommen. So will die Wirtschaftskommission des Nationalrats die Arbeitslosenversicherung sanieren. Experten zweifeln jedoch am Effekt der Sparübung.
Junge Arbeitslose stehen im Fadenkreuz der nationalrätlichen Wirtschaftskommission (WAK). Mir 17 zu 8 Stimmen – also genau im Verhältnis von bürgerlichen zu linken Mitgliedern – beschloss die Kommission, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung massiv zu kürzen und so eine halbe Milliarde Franken zu sparen (diese Zeitung berichtete). Den Rotstift angesetzt hat die WAK dabei insbesondere bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen: Kinderlose Arbeitslose unter 30 Jahren sollen künftig statt maximal 400 nur noch 260 Taggelder beziehen dürfen. Unter 25-Jährige sollen maximal gar nur noch 130 Taggelder erhalten.
Zudem soll «zumutbare Arbeit» im Gesetz neu definiert werden. Heute kann eine Arbeit eine Weile lang abgelehnt werden, wenn sie «nicht angemessen auf die Fähigkeiten oder auf die bisherige Tätigkeit des Versicherten Rücksicht nimmt». Dieser Passus soll für die unter 30-jährigen Versicherten ohne Unterhaltspflicht entfallen.
Wenn die Gesetzesrevision in der Wintersession durch den Nationalrat akzeptiert würde, könnten den Arbeitslosen die Leistungen bereits 2011 drastisch gekürzt werden.
Eine reine Alibiübung
Der renommierte Arbeitsmarktexperte Georg Sheldon glaubt indessen nicht, dass mit der Massnahme die Probleme der ALV behoben werden können, die mittlerweile über sechs Milliarden Franken Schulden angehäuft hat. Die Massnahme der WAK sei vielmehr ein Ausfluss von «überstürztem Aktionismus», der ohne Folgen bleiben werde. «Jüngere Arbeitslose schöpfen die Ansprüche der Versicherung in der Regel sowieso nicht aus», erklärt der Professor an der Universität Basel. Sie fänden normalerweise nach vier bis fünf Monaten einen neuen Job. «Wenn man die Bezugsdauer bei dieser Gruppe kürzt, trifft man also nur sehr wenige.» Und daraus wieder folge: «Geld sparen wird man mit dieser Massnahme kaum.»
Junge Working Poor
Der Kaufmännische Verband KV Schweiz schätzt die negativen Folgen des WAK-Beschlusses weit gravierender ein und verurteilte den «Leistungsabbau auf dem Buckel der Jungen» scharf. «Wer Probleme auf dem Arbeitsmarkt hat, soll zurück zu den Eltern oder zur Sozialfürsorge», interpretierte der KV den Entscheid der WAK. Die Solidarität zur Bewältigung der – notabene nicht von den jungen Arbeitnehmenden verursachten – Wirtschaftskrise würde so arg strapaziert.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt das Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen (Kabba): «Insbesondere Jugendliche laufen durch die Kürzungen Gefahr, zu Working Poor zu werden», hält das Komitee in einer Medienmitteilung fest. Die Revision löse kein einziges der bestehenden Arbeitsmarktprobleme, sondern schaffe nur neue. «Hauptwirkung dieser Vorlage ist, dass die Zahl der Armutsbetroffenen in der Schweiz um mehrere 10'000 Personen zunehmen wird», prophezeit Kabba.
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