Ab sofort sollen 300 Schweizer im Kosovo dienen
Die Swisscoy bleibt im Kosovo. Nach dem Ständerat hat heute auch der Nationalrat einer Verlängerung des Einsatzes bis Ende 2014 zugestimmt. Die Räte gaben zudem grünes Licht für eine Aufstockung der Truppe.

Der Nationalrat hat heute den Kosovo-Einsatz der Swisscoy-Truppen verlängert. Der Bundesrat kann zudem den Maximalbestand der Swisscoy-Einheit im Kosovo für maximal ein Jahr um 80 auf 300 Personen aufstocken. Bisher konnte er die Truppe höchstens um 50 Personen vergrössern.
Unumstritten war im Nationalrat aber weder die Verlängerung des Swisscoy-Einsatzes noch die Truppenaufstockung: Eine Allianz aus SVP und Grünen bekämpfte beides. Die Gegner halten das militärische Engagement grundsätzlich für fragwürdig.
Polizisten statt Soldaten
Im Kosovo liege zwar Vieles noch im Argen, das Land sei auf Unterstützung angewiesen, räumte Anita Lachenmeier (Grüne/BS) ein. Das Land brauche aber nicht militärische, sondern zivile Unterstützung.
Der Einsatz der Swisscoy nütze eher der Schweizer Armee als Übungsfeld als der Bevölkerung im Kosovo, kritisierte Lachenmeier. Josef Lang (Grüne/ZG) sieht die ausländische Präsenz im Kosovo sogar als Bremse für das Land. Der Kosovo brauche Polizisten, nicht Soldaten.
Visitenkarte für die Schweiz
Ulrich Schlüer (SVP/ZH) hob vor allem hervor, dass das Engagement der Schweiz die Zuwanderung von Kosovaren nicht vermindert habe. Der Einsatz zeige auch vor Ort keine Wirkung: «Ausser Spesen nichts gewesen,» bilanzierte der SVP-Nationalrat. Er gab auch zu bedenken, dass die Schweiz das «zweifelhafte Regime» anerkannt habe. Somit sei dieses nun für die Sicherheit verantwortlich.
Für die Verlängerung des Einsatzes sprachen sich FDP, CVP, BDP und SP aus. Die Präsenz der Schweiz sei durchaus nützlich, angesichts der unsicheren Lage brauche es Soldaten, lautete der Tenor. Auch die internationale Solidarität wurde als Motiv vorgebracht. Das Engagement im Kosovo sei eine exzellente Visitenkarte für die Schweiz, sagte etwa Sylvie Perrinjaquet (FDP/ NE).
Im Interesse der Schweiz
Verteidigungsminister Ueli Maurer führte weitere Argumente an. Die Schweiz habe ein direktes Interesse daran, zu mehr Sicherheit in dieser Region beizutragen, sagte er. Und weil die meisten Länder ihre Truppen abbauten, steige die Bedeutung des Schweizer Engagements.
Parallel zum Abbau der Truppen werde zwar die Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen verstärkt, in welche die Schweiz ebenfalls involviert sei. Für eine ausschliesslich zivile Unterstützung sei die Lage aber noch zu wenig stabil, sagte Maurer. Die Devise müsse lauten «das eine tun und das andere nicht lassen.»
Umbau des Engagements
Der Nationalrat stimmte der Vorlage schliesslich mit 94 zu 65 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu. Der Nichteintretensantrag der SVP und der Grünen war ebenso gescheitert wie ihr Antrag gegen die Truppenaustockung. Der Rat lehnte es ausserdem ab, den Bundesrat zu beauftragen, bis 2012 ein Szenario für den Abzug der Swisscoy vorzulegen. Geri Müller (Grüne/AG) plädierte vergeblich für den «Einstieg zum Ausstieg».
Hingegen stimmte der Rat mit 158 zu 12 Stimmen einer Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission für den «Umbau» des Engagements im Kosovo zu. Sagt auch der Ständerat Ja dazu, muss der Bundesrat bis Ende 2012 aufzeigen, wie das Engagement im Kosovo so umgebaut werden kann, dass der Aufbau von Sicherheitskräften im Zentrum steht, die rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet sind.
10 Jahre Swisscoy
Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion gestellt. Die Schweiz unterstütze den Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen bereits, argumentierte er.
Die Swisscoy ist seit zehn Jahren als Teil der multinationalen KFOR im Kosovo im Einsatz. Rund 4200 Armeeangehörige haben sich bis anhin freiwillig am Einsatz beteiligt. Seit 2002 ist die Swisscoy zum Selbstschutz bewaffnet. Der Kreditrahmen beträgt rund 40 Millionen Franken für ein Jahr, der Bundesrat kann den Einsatz der Swisscoy jederzeit abbrechen.
Das hat der Nationalrat heute sonst noch entschieden:
Schutzräume: Der Nationalrat hat nach Fukushima die Meinung geändert: Er will privaten Hausbesitzern nun doch vorschreiben, Schutzräume zu bauen. Dies hat er mit 94 zu 74 Stimmen beschlossen. Noch in der Frühjahrssession - zwei Tage vor Fukushima - war er mit 82 zu 68 Stimmen dagegen. Nach dem Willen von Bundesrat und Parlament sollen Schutzräume künftig in grösseren Überbauungen ab 38 Zimmern gebaut werden. Heute gilt die Pflicht ab 8 Zimmern. Das Geschäft geht mit kleineren Differenzen zurück an den Ständerat, der die Schutzraumpflicht letzte Woche ebenfalls befürwortet hatte.
Sportförderung: Das Schicksal des neuen Sportförderungsgesetzes liegt in den Händen des Ständerats. Im langen Streit um drei Stunden obligatorischen Schulsport hat der Nationalrat stillschweigend den Antrag der Einigungskonferenz angenommen. Das ist keine Überraschung: Die Konferenz hatte sich in der letzten strittigen Frage auf die Seite der grossen Kammer geschlagen - für sie liegt es in der Kompetenz des Bundes und nicht der Kantone, die Mindestanzahl Sportlektionen festzulegen. Beide Kammern haben sich bereits dreimal über das Gesetz gebeugt und sind dabei stur auf ihrer Linie geblieben. Am Mittwoch wird der Ständerat den Antrag der Einigungskonferenz beraten.
Klimaschutz: Der Bund soll in Sachen Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen. Der Nationalrat will ihn dazu zwingen, für den eigenen Bedarf nur noch Fahrzeuge mit geringem CO2 zu kaufen. Er hat eine Motion von Luc Barthassat (CVP/GE) mit 87 zu 84 Stimmen angenommen. Stimmt auch der Ständerat zu, gilt für Personenwagen des Bundes künftig ein CO2-Grenzwert von 130 Gramm pro Kilometer. Für Lieferwagen müsste der Bundesrat den Grenzwert bei 160 Gramm pro Kilometer festlegen. Die Beschaffung von Fahrzeugen, die diese Grenzwerte überschreiten, wäre verboten.
Armeebestände: Die Armee soll nach dem Willen des Nationalrates nicht auf 50'000 Soldaten verkleinert werden. Der Nationalrat hat eine Motion des ehemaligen Nationalrats Hans Widmer (SP/LU) mit 118 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Noch in der laufenden Session wird sich der Rat mit den Vorschlägen des Bundesrates für die künftige Grösse der Armee befassen. Auch weiteren Anliegen Widmers erteilte der Rat eine Absage. Der Sozialdemokrat wollte den Bundesrat beauftragen, den Anteil der Durchdiener auf 30 Prozent zu erhöhen, die Militärjustiz abzuschaffen und den Luft-Boden-Kampf aus den Leistungsanforderungen an die Luftwaffe zu streichen.
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