Die Waadt ist die Pauschalsteuer-Königin
Sie ist das umstrittenste Steuerkonstrukt der Schweiz. 8 Fragen und Antworten zur Pauschalbesteuerung.

Charlie Chaplin profitierte davon, fünf Kantone schafften sie ab, die Schweiz aber hält daran fest: Die Pauschalbesteuerung ist seit ihrer Einführung umstritten. Nun rückt sie mit den Enthüllungen rund um den schwedischen Unternehmer Frederik Paulsen wieder einmal in den Fokus.
Wie Recherchen dieser Zeitung zeigen, lässt sich der schwedische Milliardär Paulsen in der Waadt nach Aufwand besteuern. Warum dies zumindest fragwürdig ist, lesen Sie hier. Aus aktuellem Anlass, beantworten wir die wichtigsten Fakten zur Pauschalbesteuerung:
1. Was ist die Pauschalsteuer?
Die Pauschalsteuer ist ein Veranlagungsverfahren. Dabei werden die Steuern nicht wie üblich anhand des Einkommens und Vermögens berechnet, sondern auf der Grundlage der Lebenshaltungskosten einer Person. Das waren viele schreckliche Wörter auf einmal. Vereinfacht bedeuten sie: Die Höhe der Steuerrechnung von Pauschalbesteuerten hängt von ihren Ausgaben ab.
2. Wer kann sich pauschalbesteuern lassen?
Grundsätzlich nur ausländische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen. Aber nur, wenn sie im Land keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.
3. Wie wird die Steuer berechnet?
Miete, Gärtner, Autoversicherung – das alles kostet. Auf diese Ausgaben kommt es an. Die Steuerbehörde berechnet die Steuer auf der Grundlage dieser Kosten. Dazu zählen auch Posten im Ausland: Besucht der Spross eine Elite-Uni in den USA, so berücksichtigt sie auch diesen Posten.
Wie hoch die Steuer effektiv ausfällt, entscheiden die Kantone. Das Bundesrecht macht aber gewisse Vorgaben bezüglich der Berechnungsgrundlage:
- Der weltweite Aufwand soll mindestens dem Siebenfachen der Wohnkosten entsprechen.
- Bei der direkten Bundessteuer gilt eine Bemessungsgrundlage von 400'000 Franken. Die Kantone müssen ebenfalls ein Minimum festsetzen. Sie sind dabei aber frei.
- Ehepartner, die nach dem Aufwand besteuert werden, müssen beide die Voraussetzungen erfüllen.
4. Wie viele Menschen sind in der Schweiz pauschalbesteuert?
2016 waren es 5046 Personen. Sie bezahlten insgesamt 767 Millionen Franken an Steuergeldern. Die meisten Aufwandbesteuerten kamen aus dem Kanton Waadt (1218). Seit 2012 ist die insgesamt rückläufig, die Steuereinnahmen stiegen im gleichen Zeitraum aber an.
5. Wer hat damit angefangen?
1862 lockte die Waadt die ersten wohlhabenden Ausländer mit Steuerversprechungen an den Lac Léman. 1928 zog Genf nach, 1930 das Wallis. 1934 hielt die Pauschalsteuer auf Bundesebene Einzug.
Das Instrument ist im romanischen Teil der Schweiz wichtiger als in vielen deutschsprachigen Landesteilen. Man hat sogar ein Wort für die finanzstarken Steuerzahler eingeführt: In der Westschweiz nannte man die Pauschalbesteuerten früher «Les Chaplins», in Anlehnung an Charlie Chaplin, der bis zu seinem Tod 1977 in der Nähe von Vevey wohnte.
6. Wer hat damit aufgehört?
5 Kantone haben die Aufwandbesteuerung abgeschafft: Zürich, die beiden Basel, Schaffhausen und Appenzell Ausserrhoden.
7. Was spricht gegen die Besteuerung?
Die Gegner bemängeln, die Pauschalsteuer sei ein ungerechtes Privileg für wohlhabende Ausländer. Sie schädige den Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen und bestätige den internationalen Ruf der Schweiz als Steuerparadies.
8. Was spricht dafür?
Zunächst einmal: mehrere Volksentscheide. Vor knapp 4 Jahren verlangte die eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre» die Abschaffung der Besteuerung nach Aufwand. Das Begehren hatte an der Urne aber keine Chance. 59,2 Prozent lehnten es ab. In verschiedenen Kantonen wurde die Praxis ebenfalls durch Volksentscheide bestätigt.
Befürworter der Steuer betonen ausserdem: Die Steuerhoheit liege bei den Kantonen. Der Bundesrat lehnt die Abschaffung der Pauschalbesteuerung ebenfalls ab. Er verschärfte in den letzten Jahren jedoch die Vorgaben an die Kantone. Mit der Absicht, die Akzeptanz der Pauschalbesteuerung zu verbessern.
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