Schweiz will Chinesen an USA ausliefern
Die Schweiz hält auf Betreiben der US-Justiz einen Chinesen in Auslieferungshaft. Der Mann soll gegen das Kriegsmaterialgesetz verstossen haben.

Der Fall beschäftigt das Bundesamt für Justiz (BJ) seit diesem Sommer. Das BJ verweigert derzeit jegliche Auskünfte über ihn. Bekannt ist: Das amerikanische Justizdepartement ersuchte das BJ im Juni, einen chinesischen Staatsangehörigen in der Schweiz in Auslieferungshaft zu setzen. Bern reagierte umgehend. Am 13. Juni erliess das BJ einen Haftbefehl. Die Polizei konnte den Mann im Wallis lokalisieren und aufgreifen. Dort sitzt er seither in Auslieferungshaft.
Der Chinese begann sich nach seiner Verhaftung gegen die vereinfachte Auslieferung an die USA zur Wehr zu setzen. Also erhöhte die US-Justiz den Druck. Am 22. Juli informierte die US-Botschaft in Bern das BJ, in den USA existiere ein Haftbefehl und eine Anklageschrift gegen den Mann. Der in Hongkong wohnhafte Chinese erwarb zwischen Oktober 2018 und Januar 2019 in den USA diverse Gerätschaften: eine verstärkte Nachtsichtbrille; einen nicht tödlichen, sichtunterbrechenden Laser, in der Fachsprache auch Blender genannt; einen Zielbelichtungspointer; und einen Vierzinkenmündungsadapter.
Der Chinese soll seine Einkäufe als Spielzeuge deklariert und einen Kaufwert von 100 Dollar ausgewiesen haben.
Gemäss amerikanischer Darstellung kaufte der Mann beim amerikanischen Ableger von Ebay ein und versuchte, die Ware danach nach Hongkong zu verschicken. Dafür hätte er eine Bewilligung gebraucht, moniert die US-Justiz. Stattdessen habe er gegenüber den Verkäufern und einer Speditionsgesellschaft angegeben, er befinde sich in den USA und habe inländische Lieferadressen geliefert.
Von dort hätten die Bestellungen dank einer speziellen Kundenkennungsnummer als Expresssendungen direkt zu ihm nach Hongkong geschickt werden sollen. Die US-Justiz macht dem Chinesen weitere Vorhalte. So soll er seine Einkäufe als Spielzeuge deklariert und einen Kaufwert von 100 Dollar ausgewiesen haben. Die USA werfen ihm Geldwäschereihandlungen vor.
Gericht kritisiert Seco
Damit die Schweiz einem Auslieferungsgesuch entsprechen kann, müssen die vom gesuchstellenden Staat festgestellten Delikte auch in der Schweiz strafbar sein. Im Fall des Chinesen wandte sich das BJ ans Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Das Seco sollte in einem Gutachten klären, ob es sich bei den vom Verhafteten erworbenen Gütern gemäss Schweizer Recht um Kriegsmaterial handelte, also ohne Bewilligung nicht exportiert werden darf. Das Seco gab der US-Justiz recht, dass eine Bewilligungspflicht bestanden hätte.
«Nach dem Gesagten liegt die für die Auslieferung notwendige Strafbarkeit nicht vor.»
Auf der Grundlage der Seco-Expertise bewilligte das BJ am 22. August die Auslieferung des Chinesen an die USA. Doch dieser wehrte sich vor dem Bundesstrafgericht gegen den Entscheid und machte mitunter geltend, er sei ein politisch Verfolgter. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts schützte seinen Rekurs nun. Das Gericht kritisiert die Arbeit des Seco offen.
In seinem Entscheid vom 28. Oktober schreibt es: «Dem Schreiben des Seco ist eine eigentliche Begründung, weshalb die einzelnen Gegenstände unter die bewilligungspflichtigen Kategorien fallen, nicht zu entnehmen. Künftig wäre eine eingehendere Begründung zu begrüssen.» Auch der Straftatbestand der Geldwäscherei sei nicht erfüllt. «Nach dem Gesagten liegt die für die Auslieferung notwendige Strafbarkeit nicht vor», so das Gericht.
Das BJ sieht das anders. Es hat den Entscheid vor Bundesgericht angefochten, wie eine Sprecherin bestätigt. Für den Mann aus China bedeutet das, dass er bis zum Bundesgerichtsentscheid in Auslieferungshaft verbleibt. Auskünfte zum Fall will das BJ nicht geben. Es gäbe viele Fragen zu klären. Wie wusste die Schweiz, dass sich der Mann im Wallis aufhält? Warum wird der Chinese politisch verfolgt? Handelt es sich beim Verhafteten um ein Mitglied der Hongkonger Protestbewegung?Lesen Sie jetzt mehr über die bürgerkriegsähnlichen Zustände auf den Strassen Hongkongs.
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