Schwachstellen im neuen Berner Vormundschaftswesen
Im Kanton Bern haben die neuen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) mit Startschwierigkeiten zu kämpfen, doch die Probleme sind lösbar: Zu diesem Schluss kommt ein Expertenbericht.

Der 58-seitige Bericht über das Berner Vormundschaftswesen bestätigt im Wesentlichen die schon früher bekanntgewordene Kritik an dessen Neuorganisation: Bei manchen Behörden dauern die Verfahren noch zu lang, der Pendenzenberg ist zu hoch, die Zusammenarbeit mit andern involvierten Stellen lässt zu wünschen übrig.
Der Rapport wurde der politischen Begleitgruppe vorgelegt, die der Grosse Rat vor zwei Monaten beschlossen hat. Das Gremium mit Kantonsparlamentariern sowie Vertretern von Gemeinden und Interessenverbänden soll dafür sorgen, dass die Neuorganisation nicht aus dem Ruder läuft.
Zusammenarbeit erforderlich
Die kantonalen, kommunalen und privaten Stellen müssten besser zusammenarbeiten, befand die Begleitgruppe gemäss Communiqué an ihrer ersten Sitzung. Die Kostenentwicklung sei «genau im Auge zu behalten». Schon im Sommer hatten die KESB-Chefs signalisiert, dass die Reform teurer werde als erwartet.
Mit der Neuorganisation erfüllt der Kanton Bern die Vorgaben des Bundes. Seit Anfang Jahr kümmern sich zwölf Fachbehörden um den Kindes- und Erwachsenenschutz. Die über 300 kommunalen Vormundschaftsbehörden haben ausgedient.
Arbeitsbelastung «nicht dauerhaft tragbar»
Die Fachbehörden haben sich laut Bericht mittlerweile organisiert und die nötigen Kontakte aufgebaut. Nach wie vor sei aber die Arbeitsbelastung hoch. Die meisten KESB-Chefs halten sie für «nicht dauerhaft tragbar». Den grössten operativen Klärungsbedarf orten die Autoren des Berichts in Zusammenhang mit der Kostenabrechnung. In den grossen Linien sei die Kostenaufteilung zwischen Kanton und Gemeinden zwar klar, viele Detailfragen seien aber offen. Das komplizierte Abrechnungssystem verursache einen grossen Aufwand.
Die Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten wurde «im Allgemeinen gut» bewertet, sowohl von den KESB als auch von den Sozialdiensten. Auch die Psychiatriezentren gaben eine positive Rückmeldung, genau wie das Obergericht, das zur ersten Beschwerdeinstanz im Kindes- und Erwachsenenschutz geworden ist. Umgekehrt warfen KESB-Verantwortliche dem Obergericht vor, vereinzelt zu grossen Formalismus zu betreiben. Mehr Pragmatismus wäre angezeigt.
Kritik der Statthalter
Die Experten befragten auch die Regierungsstatthaltämter, und hier bekamen sie die schärfste Kritik zu hören. Die Statthalter halten die neue Struktur für misslungen: Auf ihr Wissen werde zu wenig zurückgegriffen, die KESB seien zu wenig pragmatisch.
Die Statthalter wünschen einfachere Rechnungslegungsvorschriften, zudem müssten die Gemeinden besser über ihre Bewohner informiert werden und der Informationsfluss zwischen Polizei, Statthalterämtern und KESB sei zu verbessern.
KESB-Leitung soll entscheiden
Die Autoren des Berichts von Ecoplan und der Walliser Hochschule für Soziale Arbeit führten insgesamt mehr als 40 Interviews mit Involvierten. Sie sehen unter anderem Handlungsbedarf bei der internen Organisation der zwölf Behörden: Wer wie viel Geld und Personal zur Verfügung hat, solle die KESB-Geschäftsleitung entscheiden.
Einige KESB müssten zudem effizienter werden. Ihr Vorbild müssten andere, schon besser organisierte und weniger formalistisch vorgehende KESB sein. Weiter brauche es Verfeinerungen bei der Kompetenzenregelung und eine bessere Abstimmung zwischen den involvierten kantonalen Ämtern.
SDA/asg
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