Schlinge um Argentiniens Ex-Präsidentin zieht sich zu
Wegen Korruptionsverdacht hat die argentinische Polizei mehrere Wohnungen von Cristina Kirchner durchsucht. Ausschlaggebend war ein Tagebuch ihres Chauffeurs.
Bundesrichter Claudio Bonadio hat auf mehreren Anwesen der ehemaligen Präsidentin Argentiniens, Cristina Kirchner, Razzien durchführen lassen. Kirchner wird seit Jahren der Korruption verdächtigt. Doch erst jetzt scheint sich die Schlinge um den Hals der 65-Jährigen zuzuziehen.
Der Einsatz begann am Donnerstag in einer 250-Quadratmeter-Wohnung in der Hauptstadt Buenos Aires und dauerte 13 Stunden. An der Durchsuchung in dem schicken Viertel Recoleta beteiligte sich ein Grossaufgebot der Polizei. Auch Sprengstoffexperten, Hunde und Feuerwehrleute waren vor Ort. Weitere Durchsuchungen sollten in den südargentinischen Städten Río Gallegos und El Calafate stattfinden.
Jede Lücke durchsucht
Wie die Zeitung «La Nación» berichtet, durchsuchten die Beamten insbesondere Wände, Decken und Böden. Geld oder andere Wertgegenstände, wie Schmuck, hätten sie zwar keine gefunden, jedoch etliche Kunstgegenstände und Gemälde. Diese wurden von Experten geschätzt. Die Höhe der Schätzung ist jedoch nicht bekannt.
Zum Einsatz kamen unter anderem auch optische Instrumente, um nach Lücken Ausschau zu halten, die von aussen nicht einzusehen sind. «Die Operationen waren sehr lang, weil Möbel verschoben werden mussten und alles sehr sorgfältig überprüft wurde», sagte ein Beamter zu «La Nación».
Auch Kirchner stimmte zu
Richter Bonadio hatte den Senat zuvor um eine teilweise Aufhebung der Immunität Kirchners gebeten, um die Häuser durchsuchen lassen zu können. Alle Senatsmitglieder, darunter auch die unter Druck stehende Kirchner selbst, stimmten diesem Schritt zu. Die 65-Jährige zog angesichts des Einsatzes vorübergehend zu ihrer Tochter.
Die neuen Vorwürfe waren Anfang August durch einen Bericht der «La Nación» bekannt geworden. Demnach soll Kirchner Bestechungsgelder in Millionenhöhe von Bauunternehmen erhalten haben.
Die Notizen des Chauffeurs
Der Staatsanwaltschaft zufolge geht es um umgerechnet rund 140 Millionen Euro, die zwischen 2005 und 2015 geflossen sein sollen. Grundlage für die Ermittlungen ist die akribische Dokumentation der Zahlungen durch einen Chauffeur, der für die Geldlieferungen zuständig gewesen sein soll.
Die Schmiergelder an die Regierungen von Kirchner und ihrem bereits verstorbenen Ehemann und Amtsvorgänger Néstor Kirchner sollen für die Vergabe öffentlicher Bauaufträge gezahlt worden sein. In dem Skandal wurden bereits mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter und Firmenchefs aus der Baubranche festgenommen. Acht Geschäftsleute zeigten sich bislang geständig.
Anfang August wurde die Beschlagnahmung des Tagebuchs bekannt. Seither kommt es in Buenos Aires immer wieder zu Protestkundgebungen gegen die «Königin der Mafia».
Ermordeter Richter
Kirchner spricht von einer politisch motivierten Verfolgung. Die linksgerichtete Oppositionspolitikerin war von 2007 bis 2015 Präsidentin Argentiniens. Als Senatorin geniesst sie zwar Immunität, die sie vor einer Inhaftierung schützt. Sie kann aber strafrechtlich verfolgt und schuldig gesprochen werden.
Grosses Aufsehen erregte ausserdem der Mord am Untersuchungsrichter Alberto Nisman im Januar 2015, einen Tag bevor dieser der Abgeordnetenkammer seine Vermutungen über die Vertuschung der wahren Schuldigen eines Bombenanschlags mit 85 Toten auf ein jüdisches Zentrum im Jahr 1994 darlegen konnte. Den Kirchners wurde Strafvereitelung zugunsten iranischer Geschäftsleute vorgeworfen.
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