Saudis erhalten Sitz im Sicherheitsrat – und lehnen ab
Der Golfstaat war gestern als eines von zehn nicht ständigen Mitgliedern in den Sicherheitsrat gewählt worden. Saudiarabien ist offenbar frustriert ob dem Westen.

Aus Protest gegen die Nahost-Politik der Vereinten Nationen verzichtet Saudiarabien auf seinen Sitz als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat. Mit dem bislang beispiellosen Akt reagiert die Regierung des Landes darauf, dass es der internationalen Staatengemeinschaft noch immer nicht gelungen ist, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Das Aussenministerium sprach am Freitag von «Doppelstandards», die es dem Sicherheitsrat erschwerten, Kriege und Konflikte in der Welt zu beenden.
«Die Methoden und Arbeitsmechanismen und die Doppelstandards im Sicherheitsrat hindern ihn daran, seiner Verantwortung für den Weltfrieden angemessen gerecht zu werden», heisst es in der Erklärung des Ministeriums, die von der staatlichen Nachrichtenagentur SPA verbreitet wurde. Solange es keine Reformen im UNO-Sicherheitsrat gebe, sehe sich Saudiarabien nicht in der Lage, seinen Sitz zu übernehmen.
Ärger über USA
Der Ärger des Königreichs richtet sich vor allem gegen seinen langjährigen Verbündeten USA und deren Politik seit den Volksaufständen des Arabischen Frühlings, die Saudiarabien zutiefst missbilligt.
Laut Beobachtern ist Saudiarabien auch wegen der jüngsten Annäherung zwischen den USA und seinem alten regionalen Gegenspieler Iran erbost. Vor wenigen Tagen führte US-Präsident Barack Obama ein Telefongespräch mit dem neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Es war der erste direkte Kontakt auf dieser Ebene seit 34 Jahren.
Kritik an UNO-Sicherheitsrat
Offiziell richtete sich die Kritik Saudi-Arabiens vor allem gegen die Unfähigkeit des UNO-Sicherheitsrats, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden, den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen und die Weiterverbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten zu stoppen. Statt dessen seien Konflikte und Leiden verlängert worden.
Anfang Oktober hatte der saudiarabische Aussenminister nach Angaben aus Diplomatenkreisen mit dieser Begründung schon seine Rede vor der UNO-Vollversammlung gestrichen.
Der UNO-Sicherheitsrat ist im Umgang mit dem Syrien-Konflikt tief gespalten. Vom Westen geforderte Sanktionen gegen die Regierung in Damaskus wurden von Russland und China fast immer blockiert. Saudiarabien unterstützt die Rebellen in Syrien.
Unterschiedliche Reaktionen
Russland kritisierte Saudiarabien wegen der Ablehnung seines Sitzes im Sicherheitsrat scharf. «Die Argumente des Königreichs sorgen für Verwunderung und die Kritik am UNO-Sicherheitsrat wegen des Konflikts in Syrien ist besonders merkwürdig», erklärte das russische Aussenministerium am Freitag.
Frankreich äusserte Verständnis für die «Frustration über die Lähmung des Sicherheitsrats». Aussenamtssprecher Romain Nadal verwies aber darauf, dass Frankreich im September einen Vorschlag zur Reform des Vetorechts eingebracht habe, der im Fall eines «Massenverbrechens» wie Völkermord, schweren Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Gebrauch des Vetos verbieten soll.
Der Sicherheitsrat hat fünf ständige Mitglieder: USA, Grossbritannien, Frankreich, Russland und China. Wichtige politische Entscheidung des Rates bedürfen der Zustimmung aller fünf, die damit faktisch ein Veto-Recht haben.
Zehn Sitze im Rat werden in einem Rotationssystem von anderen UNO-Mitgliedsstaaten für jeweils zwei Jahre besetzt. Am Donnerstag wurden neben Saudiarabien noch Chile, Litauen, Tschad und Nigeria als nächste nichtständige Mitglieder ausgewählt.
AFP/ami/rub
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