Rote Knöpfe
Anwohner wehren sich gegen die Aufstockung einer Siedlung und befürchten, dass das Beispiel Schule machen könnte.

Die roten Stecknadeln fallen auf. Man trifft sie beispielsweise an der Belpbergstrasse an, aber auch an vielen anderen Standorten in Münsingen. «Ich bekomme immer mehr Anfragen», sagt Initiant Nick Raduner. Auch andere Münsinger wollen die überdimensionierten «Gufe» jetzt aufstellen.
Raduner und seine Mitstreiter wollen mit ihrer Aktion erreichen, dass in Münsingen «nicht höher» gebaut wird. «Nicht höher» heisst auch das Komitee, das Raduner zusammen mit Fritz Bähler und weiteren Personen gegründet hat. Auf ihrer Website www.nicht-hoeher.ch machen sie auf ihr Anliegen aufmerksam.
Einen Stock höher
Ein Vorhaben der Gemeinde sorgt für die roten Knöpfe und Köpfe in Münsingen. Der Gemeinderat legt eine Überbauungsordnung für eine Parzelle am Jungfrauweg vor. Darauf befinden sich zwei Mehrfamilienhäuser, die aus drei Geschossen sowie einem Attikageschoss bestehen.
Sie zählen zusammen 28 Wohnungen. Der Grundeigentümer möchte nun die bestehenden Häuser um ein Geschoss aufstocken sowie ein neues Haus bauen. Damit gäbe es Platz für zusätzliche 19 Wohnungen.
«Das entspricht voll und ganz der Zielsetzung des neuen Raumplanungsgesetzes der inneren Siedlungsentwicklung», sagt Gemeinderat Andreas Kägi (FDP). Heute Abend wird das Geschäft im Münsinger Gemeindeparlament behandelt. Die Meinungen der Parteien gehen auseinander.
Kritik am Wachstum
Die Gruppe rund um Raduner kann mit der Idee herzlich wenig anfangen. «Wir haben nichts gegen innere Verdichtung», sagt Raduner. Allerdings fragt er sich, ob es immer nur in die Höhe gehen müsse. Auch Grundstücke mit Einfamilienhäusern würden sich eignen, die man durch Generationen- oder Einfamilienhäuser ersetzen könnte.
«Fraglich ist auch, ob Münsingen immer weiter wachsen muss.» Die neuen Wohnungen seien grösser und damit auch teurer. Klagen dieser Art hört man in Münsingen immer wieder, sie sind das Resultat eines starken Wachstums in den letzten Jahren in der Gemeinde.
Kein Recht auf Fernsicht
Im konkreten Fall wird auch der Schattenwurf kritisiert. Das taten Raduner und 26 Mitunterzeichnende bereits in der Mitwirkung. «Durch die zusätzliche Aufstockung wird die Fernsicht sehr stark eingeschränkt.» Der Verlust des Blicks auf die Alpen oder den Belpberg mindere die Lebensqualität weiter herab. Die Antwort der Gemeinde fiel allerdings lapidar aus: «Es gibt kein Recht auf Fernsicht.»
Das Komitee ist der Meinung, dass die Gemeinde mit der Parzelle am Jungfrauweg einen Präzedenzfall schafft. Deshalb wurden auch die Stecknadeln im Dorf verteilt. Laut Kägi ist die Behauptung falsch, er spricht von Angstmacherei. «Im Baureglement haben wir die W4-Zone einführen müssen, weil es diese noch nicht gibt.» Entscheidend sei aber, dass diese W4-Zone ausschliesslich auf die Parzelle am Jungfrauweg beschränkt sei.
«Wir haben nichts gegen Verdichtung. Aber muss es immer nur in die Höhe gehen?»
Heute entscheidet das Parlament nicht nur über die Aufstockung am Jungfrauweg, sondern auch über die Strategie «Münsingen 2030». Die Gemeinde will die planungsrechtlichen Grundlagen überarbeiten. Dies sei auch deshalb wichtig, weil sich der Fokus der Richtplanung auf die «Siedlungsentwicklung nach innen» verschoben habe, heisst es.
Dieses Konzept solle für Betroffene und Anwohner «nachvollziehbar» gemacht werden. Für Raduner ist allerdings nicht nachvollziehbar, warum der Jungfrauweg nicht gleich in diese Strategie gepackt wird. Und überhaupt, für das Komitee ist die ganze Sache eine «Zwängerei».
«Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Aufzonungsgesuche erhalten», sagt Gemeinderat Kägi. Mitte des letzten Jahres habe der Gemeinderat entschieden, alle künftigen Aufzonungsgesuche im Rahmen der neuen Ortsplanung zu bearbeiten. Das Gesuch zum Jungfrauweg stamme aber bereits von 2015 und werde deshalb noch unabhängig von der Gesamtstrategie bearbeitet.
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