Krieg im SudanRingen um eine Feuerpause
Saudiarabien und die USA versuchen, die sudanesischen Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen. Wie stehen die Chancen für einen Waffenstillstand? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die USA und Saudiarabien haben eine Initiative gestartet, um Gespräche zwischen den Kriegsgegnern im Sudan in Gang zu bringen. Erstmals reisten dafür am Wochenende Emissäre beider Seiten nach Jidda. Von Friedensverhandlungen wollte noch keiner reden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Krisendiplomatie und den Schwierigkeiten, die Kämpfe zu beenden.
Wie ist die Ausgangslage für die Gespräche in Jidda?
Beide Kampfparteien des Sudan haben bereits deutlich gemacht, dass sie keine Verhandlungen über ein Ende des Krieges führen wollen. Das heisst, sowohl Armeechef Abdel Fattah al-Burhan als auch Milizenführer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, setzen darauf, dass sie militärisch die Oberhand gewinnen können. Womöglich eine Fehlkalkulation, aber das ist das beherrschende Kalkül. Der Konflikt entzündete sich daran, dass Hemedti seine Milizen, die Rapid Support Forces, eingliedern sollte in die reguläre Armee. Weil er das nicht will, geht er nun aufs Ganze. So wie auch sein Rivale, Armeechef Burhan.
Welches Ziel streben die Vermittler im Sudan an?
Weitgehend einig sind sich der Westen, die UNO und die Nachbarstaaten, dass es möglichst bald eine stabile Feuerpause geben muss. Substanzielles war zunächst nicht durchgedrungen, aber klar ist, dass das Ziel eng gesteckt ist: die akute Not von Millionen Menschen zu lindern, die zwischen die Fronten geraten sind. Die UNO will Wege öffnen, um Zivilisten mit dem Wichtigsten für ihr Überleben zu versorgen.
Welche Aussichten für eine politische Lösung gibt es?
Im besten Fall wird bald humanitäre Hilfe anrollen – gelöst ist damit auf politischer Ebene nichts. Ohne diesen ersten Schritt ist jedoch zu befürchten, dass sich die Lage der Bevölkerung weiter verschlechtert, die Vereinten Nationen rechnen bereits mit 800’000 Flüchtlingen. Hält der Krieg an, könnten es mehr werden. Sie fliehen in verschiedene Länder, mutmasslich auch Richtung Europa.
Ohne Kooperation der Kriegsherren läuft in dieser Phase also nichts. Doch beide haben schon mal die zivilen Kräfte im Sudan getäuscht, als sie die vereinbarte Transition stoppten, durch die das Land die Diktatur überwinden sollte. Wer daraus schliesst, dass man Gespräche mit den Generälen ganz meiden sollte, dem bleiben nur harte Sanktionen mit schweren Folgen für die Bevölkerung oder eine militärische Intervention von aussen, die derzeit als ausgeschlossen gilt. Die Erfahrungen in Somalia wirken da abschreckend. Es ist also völlig unklar, welche politischen Initiativen auf eine Waffenruhe folgen könnten, um den Sudan zu befrieden.
Besteht beim Krisenmanagement ein Konsens?
Ja und nein. Weitgehende Einigkeit herrscht darüber, dass der Krieg die Region zu destabilisieren droht. Das beunruhigt besonders die Nachbarn Ägypten und Südsudan. Für den Südsudan ist der Krieg im nördlichen Anrainerstaat existenzbedrohend, weil die Pipeline für seinen Ölexport durch den Norden verläuft. Ägypten wiederum hat ein überragendes Interesse daran, dass der Sudan von verbündeten Kräften regiert wird, weil von dort der Nil ins eigene Land strömt und für Ägypter wohl kein Gedanke verstörender wäre, als dass ihnen jemand am Oberlauf das Wasser abgraben könnte.
Die Vorstellungen einer politischen Zukunft des Sudan klaffen bei den äusseren Akteuren jedoch weit auseinander. Die einflussreichen Vereinigten Arabischen Emirate und Saudiarabien haben an einer Demokratisierung kaum Interesse, ebenso wenig Ägypten. Sie dürften ähnlich wie Moskau und Peking ein autoritäres Herrschaftsmodell favorisieren, so wie sie es selbst zu Hause pflegen. Westliche Staaten haben dagegen erklärt, sie wollten einen demokratischen Wandel unterstützen.
Europäer im Dilemma
Doch der Krieg verstellt den Weg, demokratische Kräfte sind kaltgestellt. So dürften europäische Regierungen schon aus innenpolitischen Gründen dazu neigen, kurzfristig eher auf Schritte zu setzten, die eine weitere Zunahme der Fluchtbewegung übers Mittelmeer verhindern. Das könnte, wie früher, auch ein autoritär regierter Sudan übernehmen, indem er die Grenzen schliesst. Allerdings würde ein solcher Kurs das Glaubwürdigkeitsproblem der Europäer in Afrika und den Vorwurf der Doppelmoral erheblich verstärken. Langfristig wäre dies für Europas Interessen kontraproduktiv.
Für Russland ist die Gemengelage im Sudan komfortabel, die Söldner der Gruppe Wagner können dort weiter ihren Kriegsgeschäften nachgehen. Moskau pflegt Beziehungen zu beiden Generälen – auf dass der Schlagkräftigere gewinnen möge. Russland kann die Konflikte aussitzen, und wenn diese mehr Flüchtlinge nach Europa drängen, spielt das dem Putin-Regime nur in die Hände.
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