Rettung in allerletzter Sekunde
Dank dem beherzten Eingreifen eines unbekannten Mannes sind fünf junge Schwäne dem Tod von der Schippe gesprungen.
Es war einer dieser Samstagabende auf dem Thuner Mühleplatz: Zahlreiche Menschen standen Schulter an Schulter, palaverten, nippten an einem Getränk ihrer Wahl. Marlis Bähler freute sich auf das Konzert von Kiran Ahluwalia, die im Rahmen des Festivals «Am Schluss» ihre Gesangskünste zum Besten gab. Plötzlich machte Bähler eine Entdeckung, die sie seither nicht mehr ruhig schlafen lässt. Unterhalb der Mühleschleuse befanden sich fünf junge Schwäne. «Sie machten einen hilflosen, ja verstörten Eindruck auf mich», sagt Bähler. «Ich ging davon aus, dass sie durch die Schleuse getrieben worden waren.» Sie habe nach den Eltern der jungen Tiere Ausschau gehalten, leider ohne Erfolg. «So habe ich mich dazu entschlossen, der Einsatzzentrale der Polizei Meldung zu machen.» Den Wildhüter kontaktiert Den Vertretern für Ruhe und Ordnung war der Fall der jungen Schwäne bereits bekannt. «Mir wurde gesagt, es hätten bereits mehrere Bürger die gleiche Beobachtung gemeldet. Der Wildhüter sei kontaktiert worden.» Für sie sei damit der Fall abgeschlossen gewesen, sagt Bähler. «Ich war mir sicher, dass die jungen Schwäne in Kürze aus ihrer misslichen Lage befreit würden.» Unruhig sei sie dann aber geworden, als sie die Tiere auch zwei Stunden später immer noch an der gleichen Stelle gesehen habe. «Diese Nacht konnte ich kein Auge zutun», so Bähler. Und auch am Tag darauf sei sie wie auf Nadeln gewesen. «Ich musste einfach noch einmal zur Schleuse und mich vergewissern, dass die jungen Schwäne nicht mehr dort sind.» Die Erleichterung sei gross gewesen, als sie die Stelle unterhalb der Mühleschleuse verlassen aufgefunden habe. Und trotzdem: Bähler funktionierte nicht nach dem Motto «Aus den Augen, aus dem Sinn». Am Montagmorgen rief sie Wildhüter Fritz Wenger an, um sich nach dem Verbleib der Schwäne zu erkundigen. «Er sagte mir, er sei nicht ausgerückt», so Bähler über das ernüchternde Gespräch. Die Schwaneneltern hätten gewusst, wo ihre Jungen seien, und über die Brücke fliegen können. Das sei die Natur. «Ich war entsetzt und auch traurig», sagt Bähler. Die Vorwürfe mag Wildhüter Wenger nicht gelten lassen. «Es stimmt, ich hatte Kontakt mit Frau Bähler.» Er habe ihr mitgeteilt, dass er nicht ausgerückt sei, weil er in den Ferien weile. «Das ist alles.» Wo sind die Schwäne? Bähler hat das Gespräch anders in Erinnerung. Viel mehr zu schaffen macht ihr aber die Ungewissheit über das Schicksal der jungen Schwäne. «Sie könnten ins Elektrizitätswerk im Schwäbis gezogen worden sein. Das wäre ihr Ende.» Und tatsächlich: Letzten Sonntagmorgen hat Urs Burri, einer der Bademeister im Schwäbisbad die völlig entkräfteten Tiere entdeckt. «Sie trieben Richtung Wehr. Die Aare führte viel Wasser, weshalb die Schwäne keine Chance hatten.» Ihm seien die Tiere aufgefallen, so Burri. «Es waren fünf. Zudem verriet ihr flaumiges Federkleid, dass sie noch jung waren.» Ein Mann der Tat «Ich war mir sicher, dass die Schwäne dem sicheren Tod zutrieben», sagt Burri, der zu weit weg war, um den hilflosen Tieren zu helfen. Leider sei es keine Seltenheit, dass Tiere über das Stauwehr geschwemmt würden. «Vor allem im Frühling, wenn viel Wasser Richtung Bern fliesst, leben Enten und Schwäne gefährlich», sagt Burri. Wie aus dem Nichts sei dann plötzlich ein älterer Mann aufgetaucht, übers Geländer geklettert und habe einen Schwan nach dem anderen am Hals gepackt und an Land gehoben. «Es war Rettung in allerletzter Sekunde», so Burri. Was danach geschah, weiss der Bademeister nicht. «Ich musste mich wieder auf die Gäste konzentrieren.» So habe er nicht gesehen, wohin der Mann die jungen Schwäne gebracht habe. «Ich bin froh, dass sie noch am Leben sind», sagte Marlies Bähler, als sie von der glücklichen Rettung der Schwäne erfuhr. «Schön, gibt es noch derart mutige Menschen, die sich selbstlos für die Schwächeren einsetzen.» Roger Probst >
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