Rendezvous um Mitternacht
Vom Moment des Schocks, wenn einem mitten in der Nacht in einem abgelegenen Bergkaff ein mysteriöses unbekanntes Wesen begegnet.
Es war spät, als ich im Bergdorf die Bar verliess und Richtung Gasthaus schlenderte. Die Sterne tauchten die Felsriesen rundum in Schummerlicht. Kein Ton war zu hören ausser dem Säuseln des Windes und meinem Atem. Ich stapfte den Hang hinauf in Richtung Waldrand, dachte an meinen Tischnachbarn zurück und begann zu summen.
Doch plötzlich stutzte ich. Weiter oben, ennet der Brücke, bewegte sich etwas. Eine Gestalt stand beim Halteschild einer Bushaltestelle. Als ob so spät in diesem Kaff noch ein Bus fahren würde, dachte ich.
Nach ein paar weiteren Schritten fiel mir auf, dass das Wesen aussergewöhnlich war. Zu klein für einen Menschen, zu hochgewachsen für ein Tier. Ein Kind, so spät noch unterwegs und ganz allein? Seltsam, dachte ich. Und hörte auf zu summen.
In diesem Moment schlug die Kirchturmuhr Mitternacht. Die Gestalt stand kurz still, bevor sie sich wieder zu bewegen begann. Seltsam leicht und vage. Wie nicht von dieser Welt.
Das Adrenalin schoss mir in die Adern. Ein Berggeist, ein Dämon, ein Toggeli! Ausgerechnet auf meinem Nachhauseweg!
Kurz blieb ich stehen und überlegte, zurück ins Dorf zu schleichen. Doch dann siegte meine Neugierde. Wenn dieses Wesen auf mich wartet, will es mir bestimmt etwas mitteilen, dachte ich.
Vielleicht erzählt es mir seine tragische Geschichte, dann werde ich gerne zuhören. Vielleicht fordert es Wegzoll, dann soll es ihn haben, solange es nicht gerade meine Seele ist. Vielleicht konfrontiert es mich mit meinen Abgründen, und ich werde zu einem besseren Menschen. Und vielleicht hilft es mir sogar, den Sinn des Lebens zu erkennen. Eine einmalige Chance sozusagen.
Als ich bei der Haltestelle angekommen war, blieb ich vor dem Wesen stehen. Es glotzte mich an, grün und eckig, mit einem einzigen rabenschwarzen Auge. An seinen Seiten flatterten rosarote Plastiksäckchen.
Es war ein Robidog.
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