Zuerst mehr Sitzplätze, dann schnellere Züge
Hauke Fehlberg
In der Berner Zeitung vom 10.April 2010 haben Jürg Perrelet und Hans Bosshard unter dem Titel «Bern–Zürich soll schneller werden» einen alternativen Ansatz für Bahn 2030 vorgestellt. Im Artikel wird dem Bund vorgeworfen, es fehle «ein klar erkennbares Konzept», und Bahn 2030 sei ein «Flickwerk ohne übergeordnete Ziele». Das Bundesamt für Verkehr (BAV) nimmt dazu wie folgt Stellung: Das BAV und die SBB arbeiten seit über einem Jahr intensiv am Projekt Bahn 2030. Anders als die beiden Autoren des BZ-Artikels legen sie das Hauptgewicht auf die Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten, um die Qualität des öffentlichen Verkehrs auch in Zukunft halten respektive erhöhen zu können: Zuerst müssen weitere Sitzplätze in den Zügen bereitgestellt werden, ehe an eine Beschleunigung gedacht werden soll. Denn alle Prognosen zeigen, dass sich insbesondere in den Spitzenstunden die Probleme weiter akzentuieren. Hinzu kommt, dass das Bahnsystem bereits mit ZEB kapazitätsmässig ausgereizt wird. Zusätzliche Angebote sind künftig nur möglich, wenn die Netzkapazität allgemein angehoben wird; es entstehen dadurch sogenannte Sprungkosten in bedeutender Grössenordnung. So soll der Spielraum für die zukünftige Befriedigung der Nachfrage erweitert werden. Ende März haben BAV und SBB den Zwischenstand der Planung vorgestellt. Ebenso wurden Zielsetzung und Planungsphilosophie dargelegt. Einerseits sind BAV und SBB nicht frei, auf der grünen Wiese Glasperlenspiele zu betreiben. Vielmehr gibt es klare Aufträge des Parlaments und des Bundesrats. Anderseits hat der Bund ein klares Ziel vor Augen: den öffentlichen Verkehr zu stärken und ihn in den nächsten Jahrzehnten in mindestens ebenso guter Qualität anzubieten wie bisher. Bahn 2030 entstand aus dem politischen Bedürfnis, jene Infrastrukturprojekte vertieft zu prüfen, die bisher nicht finanziert waren. Das Gesetz über die Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEB) verlangt eine Vorlage über den weiteren Ausbau des Angebots und der Bahninfrastruktur in allen Landesteilen. Nach dem Willen des Parlaments sind die Massnahmen mit einem betriebs- und volkswirtschaftlich abgestützten Bedarfs- und Angebotskonzept zu unterlegen. Im Dezember 2008 beauftragte der Bundesrat das Uvek, eine Vernehmlassungsvorlage für Bahn 2030 zu erarbeiten und dabei zwei Varianten zur Diskussion zu stellen, die 21 respektive 12 Milliarden Franken kosten dürfen. Grundsätzlich wird bei Bahn 2030 die Planungsphilosophie von ZEB weitergeführt: Es geht darum, sowohl das Angebot für den Personen- wie für den Güterverkehr zu verbessern und die für das Verkehrswachstum in den täglichen Spitzenstunden erforderlichen Kapazitäten auf dem Netz zu schaffen. Nicht alle Mittel sind für direkt angebotswirksame Massnahmen vorgesehen. Es werden auch Mittel zum Beispiel für Abstellanlagen, Kapazitätserweiterungen bei Publikumsanlagen wie Bahnhöfen, die notwendige Bahnstromversorgung oder den Zugang zum Schienengüterverkehr wie Terminals oder Rangieranlagen reserviert. Zusammengefasst: Bahn 2030 baut auf den bereits umgesetzten oder beschlossenen Grossprojekten zur Modernisierung des Schweizer Bahnnetzes auf, namentlich auf Bahn 2000 und ZEB. Das Projekt bildet die logische Fortsetzung der Engpassbeseitigung im Schweizer Schienennetz. Es verbessert das ÖV-Angebot in der ganzen Schweiz, namentlich auch in der Romandie – und ist somit auch politisch mehrheitsfähig. Schliesslich ermöglicht es spätere Schritte, wie einen eigentlichen Hochgeschwindigkeitsverkehr auf gewissen Linien: Denn was nützen Züge, die zwar auf einer Neubaustrecke mit hohen Geschwindigkeiten verkehren, dann aber auf der Bahnhofszufahrt stecken bleiben? wirtschaft@bernerzeitung.ch>
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