Ja zu mehr Aussensitzplätzen
Einigung am runden Tisch: Ab sofort lässt die Stadt neue Aussensitzplätze auf öffentlichem Grund unter gewissen Bedingungen wieder zu.

«Ich freue mich, dass wir im Rahmen der runden Tische zum Thuner Nachtleben eine tragfähige Lösung rund um die Restaurantaussensitzplätze gefunden haben», lässt sich Gemeinderat und Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler (SP) in einer Medienmitteilung zitieren. Ab sofort lasse die Stadt Thun Gesuche für neue Aussensitzplätze bis 0.30 Uhr auf öffentlichem Grund und Boden in der Innenstadt wieder zu – sofern es die baurechtlichen Bestimmungen und die Platzverhältnisse erlaubten.
Im Perimeter Obere Hauptgasse (ab Kreuzgasse), auf dem Mühleplatz und auf dem Rathausplatz sind laut Stadt neue Restaurantaussenplätze allerdings nur tagsüber während der Ladenöffnungszeiten möglich.
«Mehr öffentlicher Raum»
«Nein, Thun will sich nicht zur Beizenflanierszene Nummer eins des Kantons Bern mausern, wir passen uns aber mit der Lockerung der Bewilligungspraxis für Aussensitzplätze der Entwicklung der Stadt an», ergänzt Siegenthaler auf Anfrage. «Wir werden nach der Eröffnung des Schlossberg-Parkings und der Aufhebung von über 200 Parkplätzen mehr öffentlichen Raum zur Verfügung haben», so Siegenthaler weiter. Und man komme dem Bedürfnis der Gastgewerbebetriebe entgegen, die wirtschaftliche Gründe für zusätzliche Aussensitzplätze geltend machten.
Die Überprüfung der aktuellen Regeln fand infolge eines überparteilichen Postulats aus dem Jahr 2016 statt, in dem die «Aufhebung der restriktiven Bewilligungspraxis für Aussensitzplätze in Gastwirtschaftsbetrieben in der Innenstadt» gefordert wurde. Bei diesem Postulat federführend waren die Stadtratsmitglieder Alice Kropf und Franz Schori (beide SP), Roman Gugger (Grüne), Nicole Krenger (GLP) sowie Alain Kleiner und Lukas Lanzrein (beide SVP/FDP).
«Mehr Flexibilität»
Hat sich die Stadt von der bisherigen, restriktiven Bewilligungspraxis verabschiedet, weil diese willkürlich war? «Nein», stellt der Sicherheitsvorsteher fest, «die Praxis war nicht willkürlich. Wir wollen aber mit Blick auf Aussensitzplätze eine gewisse Flexibilität.» Wie viele Gesuche dereinst eingereicht würden, könne er nicht sagen. Eine Bedürfnisabklärung bei den Wirtenden durch die Initianten um SP-Stadträtin Alice Kropf habe aufgezeigt, dass heute nach der Vorstellungen der Befragten in der Altstadt nicht ausreichend privater oder öffentlicher Boden zur Verfügung stehe.
«Aussensitzplätze von Gastgewerbebetrieben sind baubewilligungspflichtig», fügt Siegenthaler an. Ob die Voraussetzungen für Aussenplätze erfüllt seien, werde im Einzelfall geprüft. Baubewilligungsbehörde sei der Regierungsstatthalter. Und: «Auch wenn die Stadt Thun in Zukunft eine liberalere Haltung einnehmen wird, kann das übergeordnete Recht nicht ausgehebelt werden. Wie viele Betriebe Gesuche einreichen werden, können wir nicht voraussagen», hält Siegenthaler fest.
Mehr Kontrollen?
Wie kam die Einigung am runden Tisch zustande, erhalten die Innenstadtbewohnerinnen und -bewohner auf Lebenszeit Freibier? «Nein», lacht Siegenthaler, «die verschiedenen Anspruchsgruppen haben sich in drei intensiven Verhandlungsrunden angenähert und sind schliesslich bei einem gutschweizerischen Kompromiss gelandet.» Und wer wird die Leute an einem schönen Sommerabend nach Ladenschluss von den neuen Aussensitzplätzen zum Beispiel in der Oberen Hauptgasse verjagen? «Auf diese Schwierigkeit habe ich in den Verhandlungen hingewiesen», sagt Siegenthaler. Hier stehe klar der Bewilligungsinhaber, also der Wirt, in der Pflicht. Dieser habe in seinem Betrieb und darum herum für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
«Ich bin überzeugt, dass das Gleichgewicht zwischen Arbeiten, Wohnen und Ausgehen mit der gelockerten Bewilligungspraxis auch in Zukunft erhalten bleibt», so Gemeinderat Siegenthaler.
Mehr Forderungen?
Nicht vollständig zufrieden mit dem Kompromiss ist Alice Kropf, Stadträtin und Co-Präsidentin Verein Pro Nachtleben Thun. «Es ist zwar schön, dass wir wenigstens etwas erreicht haben», sagte sie gestern gegenüber dieser Zeitung. Es sei für sie jedoch unverständlich, warum etwa im Bereich Untere Hauptgasse zusätzliche Aussensitzplätze bis 0.30 Uhr bewilligt werden sollen, andere direkt um die Ecke auf dem Rathausplatz aber nur tagsüber. «Das Ratsstübli und die Atelier Classic Bar sollen keine Bewilligung erhalten – das ist fast absurd.» Momentan habe der Verein nicht vor, weitere Schritte in der Sache zu unternehmen. «Wir wollen erst abwarten, was die Eröffnung des Schlossberg-Parkings und die Aufhebung der Aussenparkplätze in der Thuner Innenstadt für Folgen haben – und danach einen neuen Anlauf nehmen.»
Mehr Leben in der Innenstadt
Alain Marti, Präsident der Innenstadtgenossenschaft Thun, befürwortet die gelockerte Bewilligungspraxis: «Die Gastronomie belebt die Innenstadt durch Aussensitzplätze noch mehr», sagt er. Man werde aber ein Miteinander finden müssen, um sowohl die Zulieferungsmöglichkeiten für das Gewerbe als auch die Sicherheit in der Innenstadt gewährleisten zu können.
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