Der Link vom Neuen zum Bewährten
Von seinem ersten bis zum letzten Schultag hat Moritz Klingler an der Sekundarschule Uetendorf unterrichtet. Zudem war er politisch aktiv und hat im Stillen Menschen ermutigt.

«Uf di Zyt, wos de nümm geng lütet, uf die fröi i mi.» Für den Uetendorfer Sekundarlehrer Moritz Klingler war die Pausenglocke stets ein Unterbruch seines Unterrichtes. Öfter als nicht hätte er gerne über die Pause hinweg weiter Schulstoff oder Lebensgrundlagen an seine Schülerinnen und Schüler vermittelt. Mehrere Tausend Kinder und Jugendliche haben ihm in den vergangenen vierzig Jahren zugehört und nach ihren Aussagen gerne von ihm und mit ihm gelernt.
«Nix alte Schule, sondern viel Elan und viel Humor haben wir erlebt», so die Gemeinde-Vizepräsidentin Anna-Katharina Zenger, eine ehemalige Schülerin Klinglers und seit vielen Jahren Lehrerin und Kollegin an derselben Schule. Den Ruf, innovativ und spannend zu unterrichten, geben ihm auch andere mit in die Pension: «Mir sy sehr gärn zum Klingler i d Schuel, es isch immer cool gsi, da hesch gar nid anders chönne als zuelose», so Ursula Krebs-Wirth und ihre Tochter Larissa, zwei seiner Ehemaligen.
Abrupt ins volle Lehramt
Diese Art und Weise, Haltung, Wissen und Fertigkeiten nachhaltig an junge Menschen zu vermitteln, lernte Moritz Klingler bereits vor der Ausbildung zum Sekundarlehrer in Bern, während seines Studiums an der Pädagogischen Hochschule Dortmund. Mit der Matura ausgerüstet hatte er zudem bereits vor seiner Studienzeit Gelegenheit, auszuprobieren, wie seine Persönlichkeit auf Jugendliche wirkt. In einem Internat für Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen im Bündnerland lernte er damals jedoch nicht nur die menschlichen Grenzen eines Unterrichtenden, sondern auch seine zukünftige Frau Christa kennen.
Christa Klingler hat während vieler Jahre die Bibliothek Uetendorf wesentlich mitgeprägt. Ende dieses Schuljahres gehen die beiden gemeinsam in Pension: «Das hei mer mitenand scho lang eso abgmacht», so Moritz Klingler. Schon damals, in den Anfängen ihrer Ehe, wurden die nächsten Schritte gemeinsam besprochen und vorbereitet. Zurück im Kanton Bern erfuhr das junge Paar innerhalb einer Woche, dass sich Pläne, mit und ohne eigenes Dazutun, schnell ändern können.
An einem Montag im November 1976 wurde Sohn Lukas geboren, am darauf folgenden Samstag kam die Zusage für die erste Stelle als Sekundarlehrer an eine neu eröffnete 5. Klasse in Uetendorf, dazu mehrere Lektionen Singen. Grosse Freude: das Einkommen der jungen Familie war gesichert. Grosses Fragezeichnen: Singen war definitiv nicht sein Ding. «Ke Aahnig gha, wien i das de sött aagattige.» Damit nicht genug; das Schicksal forderte die Tatkraft des jungen Lehrers weiter heraus. Wenige Tage vor Stellenantritt und ohne Vorwarnung berief ihn die Schulkommission an eine «schwierige» 8. Klasse mit 28, später sogar 30 Schülerinnen und Schülern. Ausserdem hatte er zusätzlich die Aufgabe des Schulbibliothekars zu übernehmen.
Zielorientierter Politiker
«Action» gab es erneut rund zwei Jahre später. Mit 27 Jahren und mit 40 Grad Fieber im Bett liegend, erhielt er im Dezember 1979 die Nachricht, dass ihn die Uetendorfer zum Gemeinderat gewählt hatten: «Nie hätt ig erwartet, dass ig als Parteilose auf der Lischte vo der SP überhoupt e Chance hätt.» Dieses «Weihnachtsgeschenk» nährte in der Folge zusätzlich sein stetiges Bestreben, sich für die Menschen aller Generationen zu engagieren. Als Vorsteher des Ressorts Ortspolizeiwesen hatte er mannigfaltige Aufgaben zu bewältigen. Dabei half ihm seine geerdete Persönlichkeit oft, standhaft zu bleiben und die Ziele trotz Hindernissen unbeirrt zu verfolgen.
Die Sicherung des Schulwegs war ihm stets ein grosses Anliegen: «Für das hani mi halt ab und zue bi de Dorfeltischte müesse düreboxe», so Klingler mit einem Lächeln in den Augen. Viel tiefgreifender empfand der Gemeinderat Klingler die familiären Probleme, zu denen er als Ressortvorsteher mit dem damaligen Ortspolizisten Hans Portner oft gerufen wurde. Dieses bedrückende Wissen um den Kummer und die Nöte von Kindern und Jugendlichen hat dazu geführt, dass er in kurzer Zeit zehn Kilo seines Gewichtes verlor. Besonders bedrückend empfand Moritz Klingler damals die Folgen der Schweigepflicht. Wenn Kinder in der Schule Probleme hatten, durfte er im Kollegium nie über deren familiäre Begebenheiten sprechen: «Das het mi denn enorm bedrückt.»
Neues und Bewährtes
Trotz und mit dieser Erfahrung blieb Moritz Klingler auch nach jener politischen Zeit für seine Schüler und den einen und die andere in Uetendorf ein diskreter «Chum mer z Hiuf». Im Schulzimmer war er während vierzig Jahren stets bestrebt, den jungen Menschen das Wissen mit Humor und Offenheit zu vermitteln und ihnen dabei aufzuzeigen, wie sie den Link zwischen Neuem und Bewährtem finden können.
Nach Berichten von ehemaligen Schülerinnen hat «dr Klingler» im Unterricht ab und zu «ds Füfi la grad sy» und war so nicht selten dafür verantwortlich, dass sich die Lernenden mehr zugetraut haben, als sie selber erwartet hatten. Von dieser Haltung, Schüler als Persönlichkeiten wahrzunehmen, ist Moritz Klingler auch während der Umsetzung der zahlreichen Reformen im Schulwesen nie abgewichen.
Umsetzen
Dies galt auch für sein Engagement für die Bevölkerung. Er hat sich mit Vehemenz für Planung, Bau und Betrieb der neuen Bibliothek Riedern eingesetzt und war unter anderem bei der Inbetriebnahme der Mehrzweckhalle Bach an der Front mit dabei. Während des heiss diskutierten Umbaus der Schulstruktur von 4/5 zu 6/3 fungierte er als Schulleiter der Sekundarschule Uetendorf-Uttigen und war dabei für alle Beteiligten ein geschätzter Vermittler. In wenigen Tagen wird Moritz Klingler pensioniert. Danach will er sein Motto, «Bewährtes mit Neuem verbinden» beim Fotografieren, beim Reisen, beim Schreiben und rund um sein 200-jähriges Haus weiter in die Tat umsetzen.
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