IV-Rente wegen Alkoholsucht?
Weil nicht ein Rückenleiden, sondern der Alkoholismus Grund für die Erwerbsunfähigkeit sei, sollte ein Steffisburger keine IV-Rente erhalten. Das Verwaltungsgericht hiess dessen Beschwerde nun aber gut.
Ein heute 62-jähriger Geschäftsführer einer Steffisburger GmbH meldete sich 2002 bei der IV-Stelle Bern und beantragte eine IV-Rente. Er wies dabei auf ein unfallbedingtes Rückenleiden hin. Nach einer medizinischen Abklärung kam die IV-Stelle zum Schluss, dass der Mann nicht anspruchsberechtigt sei. Es folgten weitere medizinische Untersuchungen – eine davon gab der Beschwerdeführer sogar selber in Auftrag. Dieses Gutachten bescheinigte ihm eine bloss 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit. Die IV-Stelle folgte dieser Meinung nicht und verneinte weiterhin die Anspruchsberechtigung. Daraufhin gelangte der Mann ans Verwaltungsgericht des Kantons Bern.
«Voll arbeitsfähig»
Die sozialversicherungsrechtliche Abteilung überprüfte deshalb, ob der Mann nicht doch Anspruch auf eine IV-Rente hat. Laut den untersuchenden Ärzten der medizinischen Abklärungsstelle (Medas) stehen «im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit nicht die Rückenbeschwerden, sondern vielmehr die Alkoholabhängigkeit im Vordergrund». In einer seinem Rückenleiden angepassten Tätigkeit wäre er deshalb voll arbeits- und zu 85 Prozent leistungsfähig, erklärten sie. Die Ärzte empfahlen ausserdem eine Behandlung seiner Alkoholsucht.
Die Rolle der Alkoholsucht
Obwohl das Gericht – entgegen dem Beschwerdeführer – dieses Gutachten für beweiskräftig hielt, konnte es nicht vollends darauf abstellen: «Normalerweise begründet Alkoholismus keine Invalidität», hielten die Richter fest. Deshalb hätten die Medas-Ärzte die Sucht bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit auch nicht berücksichtigt. Wenn Alkoholsucht aber die Folge eines Gesundheitsschadens ist oder, umgekehrt, die Alkoholsucht zu einem die Erwerbstätigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsschaden führt, gilt die von den Richtern erwähnte Regel nicht. «Hier ist nicht klar, ob vielleicht ein solcher Ausnahmefall vorliegt», begründete das Gericht die Rückweisung der Sache an die IV-Stelle. Diese muss nun weitere Abklärungen und Stellungnahmen einholen, um diese Frage zu klären.
IV muss Kosten zahlen
Die Kosten für das selber in Auftrag gegebene medizinische Gutachten muss der 62-Jährige aber selber tragen. Laut Verwaltungsgericht waren die Abklärungen «entbehrlich und führten zu keinen relevanten neuen Erkenntnissen». Eine Kostenübernahme durch die IV-Stelle komme deshalb nicht in Betracht.
Weil die IV-Stelle vor Gericht unterlag, muss sie die Verfahrens- und Parteikosten von 700 Franken respektive rund 4500 Franken bezahlen. Das Urteil kann ans Bundesgericht in Luzern weitergezogen werden.
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