Strahlenalarm im Atomkraftwerk
Im US-Atomkraftwerk Three Mile Island ist während Wartungsarbeiten eine geringe Menge Radioaktivität ausgetreten.
Three Mile Island – bei diesem Namen horcht man auch in den USA auf. Im März 1979 war das Atomkraftwerk bei Harrisburg Schauplatz des bislang schwersten Atomunfalls der US-Geschichte. Nun hat sich auf der kleinen Insel im Susquehanna-Fluss wieder ein Störfall ereignet: Bereits am Samstag trat nach Angaben des Betreibers Exelon in dem zu Wartungsarbeiten abgeschalteten Reaktor eine geringfügige Menge Radioaktivität aus. 150 Mitarbeiter seien evakuiert worden. Eine «Handvoll» war einer geringfügigen Strahlendosis ausgesetzt. 16 Millirem soll sie bei einem Angestellten betragen haben. Der zulässige Jahreswert liegt bei 2000 Millirem. Eine Gefahr für die Bevölkerung habe nicht bestanden. Über die Ursachen wurde zunächst nichts bekannt. Die US-Kontrollbehörde NRC kündigte eine Untersuchung an. Ungünstiger Zeitpunkt Für die US-Atombranche kommt der Störfall zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Vor 30 Jahren wurde Three Mile Island zum Synonym für die Risiken der Atomenergie: Eine Serie aus technischen Pannen, Bedienungsfehlern und Konstruktionsmängeln hatte im damals nagelneuen Reaktor 2 zu einer teilweisen Kernschmelze geführt, die den Betonmantel beinahe bersten liess. Zehntausende Menschen wurden evakuiert. Das Vertrauen in die bis dahin boomende Atomtechnik war schwer erschüttert. Seither gingen in den USA nur Reaktoren ans Netz, deren Bau vor dem Störfall auf Three Mile Island begonnen hatte. Inzwischen ist Atomenergie in den USA wieder salonfähig. Die Erinnerung an den brisanten Störfall von 1979 ist verblasst. Eine Mehrheit der US-Bürger spricht sich in Umfragen für einen Ausbau der Atomenergie aus. Die Branche ist seit Jahren um ein neues, grünes Image bemüht: als klimafreundliche Alternative zu Kohle und Gas und als patriotisch-korrekter Ersatz für importiertes Öl. Neue Projekte Seit die damalige Bush-Regierung die Atomkraft vor acht Jahren zu einem Pfeiler ihrer Energiepolitik machte, hofft die Nuklearindustrie auf eine Renaissance. Genehmigungsverfahren für Meiler der dritten Generation laufen, mehrere in den 80er-Jahren eingemottete Projekte sollen fertiggestellt werden, 17 Bauanträge für neue AKW liegen vor. Auch nach dem Wechsel im Weissen Haus ist der Optimismus der Atomlobbyisten ungebrochen: Barack Obama stoppte zwar das umstrittene Endlagerprojekt in Yucca Mountain in der Nevada-Wüste, gilt aber nicht als Atomkraftgegner. Zwar setzt der neue Präsident vor allem auf einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind und Solar. Sollten die USA aber wie geplant einen CO2-Emissionshandel nach europäischem Vorbild einführen, sehen sich auch die Betreiber der 104 US-Atomkraftwerke als Sieger – weil die Abgabe vor allem den derzeit wichtigsten Konkurrenten Kohle verteuert. Widerstand Kritiker und Skeptiker sehen die Zukunft der Atomkraft in den USA weniger rosig. Sie verweisen auf astronomische Baukosten und nach wie vor starke Widerstände gegen neue AKW, wo immer die Pläne konkret werden: Einen Reaktor in ihrer Nähe lehnt eine grosse Mehrheit ab. In einer Studie kommt das renommierte Massachusetts Institute of Technology zu dem Schluss, eine Renaissance der Atomkraft sei «unwahrscheinlich». Die Branche erwarte «Stagnation und Niedergang». Einen öffentlichen Aufschrei nach dem jüngsten Zwischenfall auf Three Mile Island muss sie nicht fürchten. Zeitungen wie der «Washington Post» oder der «New York Times» war die Nachricht nur eine kurze Meldung wert. CNN erklärte, die Mitarbeiter seien kaum mehr Strahlung ausgesetzt gewesen als bei drei Röntgenaufnahmen der Brust. Dietmar Ostermann>
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