«Stell dir vor, du siehst ein Gespenst»
RoggwilSeit die junge Journalistin im Dorf wohnt, herrscht Unfriede, und die Leute fragen sich: Wie könnte man die Neue am besten loswerden? «Wahrheit und anderi Lüge» heisst die neue Inszenierung des Laientheaters Lindenblatt. Die BZ war bei den Proben dabei.
Ein grauer, regnerischer Sonntag. Im Gasthof Bären in Roggwil ist ein intensiver Probentag des Laientheaters Lindenblatt angesagt. Die Tische im Saal sind bedeckt mit Textbüchern, Gläsern, Bühnenmodellen, Schreibutensilien und Tellern mit Orangenschnitzen. Auf der freien Fläche an der Stirnseite des Saales wird geprobt – fürs Stück «Wahrheit und anderi Lüge». Ein Schweizer Dorf in den 20er-Jahren. Vor kurzem erst wurde die Eisenbahnlinie hierhergeführt und ein Bahnhof gebaut. Dort wohnt Kathrin, eine neu zugezogene junge Frau aus der Stadt. Sie ist nicht nur eine Fremde, sondern auch noch Journalistin. Und sie geht mit offenen Augen und Ohren auf die Dorfbewohner zu und erfährt dabei vieles über deren Leben und Gewohnheiten. Dass sie so viel weiss, kann in den Augen der Leute nur Hexerei sein. Sie stehen zusammen, tuscheln. Alles dreht sich um die Fremde. Seit ihrer Ankunft herrsche Unfrieden im Dorf, heisst es. Man möchte sie wieder loswerden. Aber wie? Da schlägt eine Frau vor: «Wir verbrennen sie samt dem Bahnhof.» Theater selbst geschrieben Das Stück «Wahrheit und anderi Lüge» wurde vom Autorenteam des Laientheaters Lindenblatt selbst verfasst. «Am Anfang sammelten wir alle möglichen Stoffe», erzählt Mitautorin Eveline Beyeler. Dann habe sich die Problematik des Fremdseins in einer äusserlich wohlgeordneten Gemeinschaft herausgeschält. «Ein hochaktuelles Thema», finden die Autoren. Die Fremde war im Stück erst ein armes «Huscheli», dann eine ledige Schwangere. Unter dem Einfluss von Selma Wyttenbach, die die Kathrin spielt, wurde aus der Hauptfigur eine junge selbstbewusste Frau. Im Mai begannen die Proben, im August fand man zur Endfassung des Stücks. Regisseur Daniel Grob probt die nächste Szene. Hanna, Kathrins Freundin, stürzt herbei. Der Mob ist auf dem Weg zum Bahnhof, um ihn mit Kathrin abzubrennen. «Stell dir vor, du siehst dort vorne ein Gespenst», unterstützt der Regisseur Hanna. «Und du starrst erschreckt dorthin.» Dann wendet er sich Lukas zu, der vor allem den Bahnhof retten will. «Du stülpst dir einen Feuerwehrhelm über und holst einen Wassereimer.» Eveline Beyeler greift ein: «Das darf aber nicht lächerlich wirken, sonst geht die bedrohliche Stimmung kaputt.» Der Bürgermeister kommt angerannt und bittet seine heimliche Liebste Hanna, mit Kathrin zu fliehen. «Wenn aus verbi isch, houe-n-i di.» Gelächter. Eveline Beyeler schlägt das weniger missverständliche «reiche-n-i di» vor. Nun wird an den Gängen der Personen gefeilt, bis die Szene für alle stimmt. Premiere am 1.Januar Ein paar Wochen bleiben dem Laientheater Lindenblatt noch, um an den Details der neuen Inszenierung zu feilen. Ernst gilt es – wie üblich bei Premieren der Theatergruppe Lindenblatt – am 1.Januar um 18.30 Uhr im Lindensaal Roggwil. Weitere Vorstellungen von «Wahrheit und anderi Lüge» folgen am 4., 7., 8., 11., 14. und 15.Januar 2011 jeweils um 20 Uhr. Prisca Rotzler Köhliwww.laientheater.ch >
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