Wildfleisch oft nicht aus der Region
Kommt das Wild, das in Seeländer Metzgereien, Läden und Restaurants angeboten wird, auch wirklich aus der Region? Zu grossen Teilen nicht. Doch es gibt Ausnahmen, bei denen nur heimisches Wild auf den Teller kommt.
Hirschpfeffer aus Neuseeland, Rehschnitzel aus Österreich: Was man an Wildfleisch in den Auslagen der Grossverteiler und Metzgereien findet, kommt meist von weither. Das verraten schon die Etiketten. Fritz Wüthrich, Präsident des Kantonal-Bernischen Metzgermeisterverbands, schätzt den Import-Anteil denn auch auf rund 80 Prozent: «Was hier zu Lande geschossen wird, reicht nirgends hin.» Fakt ist: Die Patente, welche die Jäger lösen können, sind begrenzt. Noch bis Mitte November läuft die Rehjagd. Pro Saison werden im Kanton Bern rund 6000 Rehe geschossen.
Ein Grossteil davon landet allerdings nie auf dem Ladentisch einer Metzgerei, wie Wüthrich erklärt. Viele Jäger verkauften ihr erlegtes Wild direkt im privaten Umfeld oder aber dann an Restaurants. Mehrere Metzgermeister aus der Region bestätigen das. Zwar hätten sie während der Jagdmonate immer mal wieder ein Reh, ein Wildschwein oder eine Gämse in ihrer Schlachterei hängen, in aller Regel aber nur, um das Tier zu zerlegen, die Einzelteile zu vakumieren und dem Jäger gegen Rechnung so zurückzugeben. Längst hat dieser jemandem das Fleisch versprochen. Für den Metzger bleibt selten ein Stück.
Reh direkt vom Jäger
Anders bei Metzger Bernhard Schaufelberger in Seedorf. Mit rund 30 Jägern hat er so viele Zulieferer, dass, auch wenn einiges zu ihnen zurückgeht, immer noch genug Wild bei ihm im Geschäft bleibt, um auf das Schild vor der Tür schreiben zu können: «Aus hiesiger Jagd: Rehpfeffer, Schnitzel, Rehrücken». In seinem Kühlraum hängen die Rehe dieser Wochen jedenfalls gleich reihenweise: Böcke, Geissen und Gitzis aus den nahen Wäldern, alle kopfüber und mit einem Tannenzweiglein im Maul – das letzte Mahl, wie der Meister erklärt, eine Tradition der Jäger. Noch beim Ausnehmen im Wald stecken sie den Tieren das Zweiglein zwischen die Zähne.
Wichtiger ist aber, dass die Rehe hängen. Und zwar nicht einfach, bis jemand Zeit hat, sie zu zerlegen, sondern ganz bewusst mindestens eine Woche lang. Das mache das Fleisch «chüschtiger», sagt Schaufelberger, «wenn es hängt, dann reift es.» Und so gibt es denn bei ihm tatsächlich immer erst ab der zweiten Oktoberwoche frisches Rehfleisch, ungeduldige Wildliebhaber hin oder her. Auf keinen Fall würde er für seinen Laden Wild aus dem Ausland zukaufen. Das macht er nur für Restaurateure, die das aus Preisgründen beispielsweise so wollen.
Ebenso konsequent in Sachen Wild ist Hanspeter Brunner, Wirt und Koch im Schüpberg-Beizli auf dem Schüpberg bei Schüpfen. Was bei ihm auf den Teller kommt, muss aus den heimischen Wäldern stammen, so seine Philosophie. Er wolle genau wissen, woher die Ware komme. Tatsächlich ist er denn auch im direkten Kontakt mit einer Jagdgruppe. Vier Stammjäger gehen jeden Herbst im Gehölz um den Schüpberg herum für ihn auf die Pirsch. Was sie dabei erlegen, findet via einen kurzen Umweg über die Metzgerei Schaufelberger bald den Weg zurück auf den Schüpberg. Brunner ist sich bewusst, dass er privilegiert ist: «Ich habe die Chance, die nicht alle haben.»
3000 Tonnen importiert
Auch andere Restaurants im Seeland bieten Wildfleisch aus hiesigen Wäldern an. Sie im allgemeinen Schilderwald aufzuspüren ist aber nicht einfach. «Jetzt frisches Wild», mit Grossbuchstaben auf eine Tafel vor dem Gasthof gekritzelt, sagt nämlich noch gar nichts aus. Wer auf regionale Spezialitäten Wert legt, fragt lieber nach. Laut der schweizerischen Aussenhandelsstatistik wurden in diesem Jahr schon mehr als 3000 Tonnen Wildfleisch importiert, mit Abstand am meisten aus Neuseeland. Gejagt und gezüchtet wird letztlich fast überall auf der Welt.
Fallwild auf dem Teller
Doch gibt es auch noch eine ganz andere Quelle für Wildfleisch, eine unschöne zwar, aber doch alltägliche: Das Fallwild. Allein im Kanton Bern sind laut dem Jagdinspektorat von April 2008 bis Ende März 2009 auf Strassen und Schienen 1660 Rehe ums Leben gekommen. Rund ein Fünftel davon sei verwertbar gewesen, sagt Martin Zuber, stellvertretender Jagdinspektor. Heisst: Der zur Unfallstelle gerufene Wildhüter konnte das gestorbene Tier rechtzeitig ausnehmen und zerlegen lassen. Das Fleisch wird in solchen Fällen meist an Private oder an Restaurants verkauft.
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