Randständige werden im Zentrum nicht mehr geduldet
Der Interlakner Gemeinderat widerspricht dem Regierungsrat: die Alkohol- und Drogenszene an der Ländte habe sich nicht beruhigt, im Gegenteil. Die Gemeinde kündigt rigorose Massnahmen an.
Eigentlich klang es recht beruhigend, was der Regierungsrat am Montag auf eine Interpellation der SVP-Grossrätin Sabina Geissbühler-Strupler aus Hinterkappelen antwortete. Demnach hat sich die Lage bei der Schiffländte am Bahnhof Interlaken-West «wesentlich beruhigt».
Gemeint sind die Drogenkonsumenten beziehungsweise deren zum Teil gewaltsame Auseinandersetzungen, von denen auch schon Passanten betroffen waren. Zur Beruhigung beigetragen habe vor allem, dass die Kantonspolizei in diesem Gebiet die Fusspatrouillen und Personenkontrollen «massiv erhöht hat», schrieb der Regierungsrat.
Doch stellt sich die Frage, ob es sich der Regierungsrat mit seiner Antwort zu leicht gemacht hat, ob er sich vor Ort zu wenig oder überhaupt nicht informiert hat. Der Gemeinderat Interlaken jedenfalls ist völlig anderer Meinung in der Beurteilung der Lage an der Schiffländte.
Negative Entwicklung
Er sei «bestürzt» gewesen über die Antwort des Regierungsrates, sagte Gemeinderat und Gemeindevizepräsident Hans-Rudolf Burkhard (FDP) am Mittwoch. Der Vorsteher Soziales beobachtet die Situation der Randständigen auf dem Bödeli schon seit Jahren sehr genau. «Die Situation ist schlimmer denn je», sagt er.
Das ist das Fazit der breit zusammengesetzten nicht ständigen Kommission Szene Ländte. Sie hatte sich von Dezember 2016 bis zu ihrer Auflösung im Mai in Untergruppen mit den Themen Repression und Rechte sowie Standort und Bedürfnisserhebung beschäftigt – und dabei zwei besorgniserregende Entwicklungen festgestellt:
1. Die Anzahl der Randständigen auf dem Bödeli nimmt laufend zu. Rund 40 Personen – alle wohnhaft im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli – werden zum harten Kern gezählt. In dessen Umfeld gibt es weitere 100 Personen, die periodisch in der Szene auftauchen – und zum Teil von ausserhalb der Region stammen, sogar aus Bern. Der am meisten frequentierte Treffpunkt der Szene befindet sich nicht mehr wie früher unten an der Schiffländte, sondern etwas darüber an der Kanalpromenade.
2. Ein Teil der Randständigen verhält sich je länger, je aggressiver. Das äussert sich sowohl in verbalen und körperlichen Anpöbelungen von Passanten als auch in Verkehrsstörungen.
Rigorose Massnahmen
Doch warum hat der Regierungsrat die Lage ziemlich umgekehrt eingeschätzt? Und warum hat er sich nicht bei den Gemeindebehörden vor Ort informiert? Diese beiden Fragen konnte die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern bis Redaktionsschluss am Mittwoch noch nicht beantworten.
Doch jetzt ist die Zeit der Diskussion ohnehin vorbei, jetzt wird gehandelt: An seiner Sitzung beschloss der Gemeinderat am Mittwoch, rigoros gegen die Szene an der Schiffländte vorzugehen. Zunächst sollen noch heute Donnerstag der Treffpunkt zurückgebaut und abgesperrt werden. Dann wird ein privater Sicherheitsdienst vermehrte Kontrollen und bei Bedarf zusammen mit der Polizei auch Wegweisungen durchführen. Und sollte sich die Suchtszene an einem anderen Ort wieder installieren wollen, so werden die Massnahmen wiederholt.
Hans-Rudolf Burkhard erinnert daran, dass die Gemeinde für die Randständigen hinter dem Ostbahnhof ein Provisorium zur Verfügung gestellt hat. Und, so fügt er an, er habe mehrere von ihnen bei einem Mittagessen am Dienstag darauf hingewiesen, dass die Gemeinde sie als Mitmenschen akzeptiere – mit Rechten und Pflichten wie jedermann.
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