Gnadenhof sucht Paten für Tiere
Auf dem Gnadenhof Louberli leben keine Nutztiere. Sie dürfen einfach Tiere sein – auch ohne«Nutzen» für den Menschen. Leider aber erhält die Familie deswegen kaum Subventionen. Deshalb sucht sie Paten für ihre Tiere.
Diese schwarze Nase. Das wonnig-weiche Fell. Reine Schafswolle. Kleine Hörner am Kopf. Nicht sicht- aber spürbar. Dies Gesicht und dies verschmuste Wesen. Angstfrei, zutraulich: Das Babyschwarznasenschaf hat die Besucher sofort betört. Kein Entrinnen möglich. So ein Tier ist ein Freund, keine Nahrung.
Das kleine Schaf lebt auf dem Gnadenhof «Louberli» in Iseltwald. Der Weg dorthin dauert vom Parkplatz Mühle aus knapp zehn Minuten. Vorbei an einem hohen, dünnen Wasserfall, wovon sich Millionen Tropfen mit den Schneeflocken um die Wette in die Tiefe fallen lassen.
Zu dieser Wintermagie gesellt sich unweigerlich ein Gefühl des Friedens: Denn dort, wo der Weg hinführt, dürfen die Tiere frei leben, bis sie des Lebens müde sind. Dort sind sie Freunde, nicht Nahrung. Lebewesen, die zwar der Hilfe des Menschen bedürfen, jedoch ohne ihnen dafür ihr Leben vor der Zeit geben zu müssen.
Respekt vor Mensch und Tier
Auf dem abgelegenen Hof über dem Dorf werden die Besucher von Pia Hirschi und ihre siebenjährige Tochter Sophie, einer Pferdenärrin empfangen. Zudem von über hundert Tieren. Das sind Esel, Ziegen, Schafe, ein Pferd, Ponys, Pfauen, Gänse, Enten, Hühner, Vögel, Hunde, Katzen, Schweine, Lamas, Hasen. «Nun sind unsere Kapazitäten ausgeschöpft», erklärt Pia.
«Unsere Tierpension ist voll.» Der Hof beherbergt Tiere, die vor dem Schlachthof gerettet wurden, aber auch Tiere, deren Besitzer sie nicht mehr halten konnten oder wollten. Der 45 Jahre alten Pia haben die Pensionsgäste zu verdanken, dass es den Gnadenhof gibt.
«Ich konnte nicht mehr mit ansehen, wie der Mensch die Nutztiere ausbeutet.»
«Ich konnte nicht mehr mit ansehen, wie der Mensch die Nutztiere ausbeutet», sagt die gebürtige Iseltwalderin. Sie weiss es aus erster Hand: Ihr Mann und sie bewirtschafteten jahrelang einen Bauernhof im Emmental. «Ist ein Tier nicht mehr rentabel, wird es geschlachtet.» So entschied sich die Familie, zu der auch der neunjährige Christian gehört, den Versuch eines Gnadenhofes im Berner Oberland zu wagen.
Preisgekrönte Kräuterfrau
«Es ist hart», weiss Pia nach vier Jahren Erfahrung. «Es sind uns leider nicht alle wohlgesinnt.» Es gebe Bauern, die verstünden nicht, weshalb man Tiere halte, «wenn sie nichts bringen». Dass ihnen so Subventionen fehlen, ist klar. «Unsere Tiere fressen im Winter Heu für insgesamt circa 3000 Franken», erklärt Pia.
Sie und ihr Mann Niklaus investieren einen Grossteil ihres Einkommens in den Lebensunterhalt der Tiere. Niklaus arbeitet heute nicht mehr als Bauer, sondern im Werkhof in Iseltwald, Pia ist Yogalehrerin und bekannt als Kräuterfrau. Vor kurzem gewann die Familie mit ihrem Hof den Kulturlandschaftspreis der Regionalkonferenz Oberland-Ost.
Zudem vermietet die Familie im Sommer eine Jurte und Zimmer auf dem Hof. Leider stören sich einige am Zelt, hoch oben am Berg. «Im Winter sieht man die Jurte halt ein bisschen von unten herauf. Weil das Laub der Bäume fehlt», sagt Pia. So erschweren die Steine, die man ihnen in den Weg legt, neben dem sowieso schon steilen Gelände (Bergzone 3 – Anmerkung der Redaktion) die gute und wichtige Sache.
Schulklassen erwünscht
«Wir sind immer froh, wenn uns Schulklassen besuchen», sagt Pia. So sähen die Kinder, dass es in Sachen Lebenshaltung Alternativen gebe. «Heute kann man die Augen vor all den Menschen, denen das Tierwohl am Herzen liegt, nicht mehr verschliessen.»
Pia erzählt von den unterschiedlichen Charakteren der Tiere und ihren ausgeprägten Persönlichkeiten. «Wir sollten viel öfter über die Spezies hinausblicken.» Sie wünscht sich Praktikantinnen und Praktikanten, die ihr regelmässig zur Hand gehen könnten. Sie nennt es «Urlaub gegen Hand».
«Für Jugendliche ist es eine schöne Erfahrung, mit Tieren zu arbeiten.» Auch Patinnen und Paten seien sehr erwünscht, welche einen monatlichen Beitrag für ihr Tier bezahlten. «Nur so kann unser Hof langfristig überleben.»
Den Besuchern indes wurde in der Zwischenzeit das Herz gestohlen: Das Lämmchen läuft frei herum, ist zutraulich und schmust wie eine Katze. Lässt sich kraulen und liebkosen. Klar, dass dies kleine Vieh ein potenzielles Patenkind ist. «Es würde geschlachtet, weil ihm der schwarze Fleck am Hinterbein fehlt und man mit ihm nicht züchten kann», informiert Pia.
Die Tiere zu verlassen, fällt schwer. Denn auch Esel Leo und seine Kumpels haben starke Charaktere und sichtbar Freude an der Aufmerksamkeit, die ihnen zuteilwird. Keine Frage, das sind Freunde. Und wer Freunde hat, sollte die Freundschaft pflegen.
Infos: www.tierhoflouberli.ch.
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