Ein Leben als Pfarrer, Forscher, Autor, Reiseleiter
Ernst von Känel war Pfarrer, Buchautor, Forscher, Reiseleiter, ein lebensfroher Bildungsmensch und engagierter Vermittler. Am 3. Juni, wenige Stunden vor seinem 93. Geburtstag, ist er gestorben.

Nehmen wir Spiez als Ausgangspunkt. Dort verbrachte Ernst von Känel seit 1981 den Lebensabend – mit seiner 2005 verstorbenen Frau Gertrud und dann allein. Fährt man von Spiez aus den Weg Richtung Obersimmental, begegnet man einigen wichtigen Wirkungsstationen des reich erfüllten Lebens von Ernst von Känel.
In Mannried bei Zweisimmen wurde er am 4. Juni 1924 in einem Bergbauernbetrieb geboren. In Boltigen erlebte er 1994 die Heirat seines ältesten Sohnes Ueli mit Stefanie Schmid. In Erlenbach übernahm er 1960 das Pfarramt, wo er 21 Jahre als fest in der Gemeinde verankerter Seelsorger wirkte und vieles an die Hand nahm.
Dazu gehörten die Restauration der Fresken, der Orgel, des Kirchengebäudes und des Pfarrhauses sowie die Modernisierung der Jugend- und Volksbibliothek. Später wurde Ernst von Känel Mitglied der Kirchensynode, war redaktionell für den «Saemann» tätig und wurde Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Pfarrerinnen und Pfarrer.
Immer wieder anderswohin
Ernst von Känel – Vater auch des zweiten und jüngeren Sohnes Peter – war seiner letzten Wohngemeinde und dem Simmental sehr zugetan. Aber der Blick darüber hinaus war ihm ebenfalls sehr wichtig.
Sein enormer Wissensdrang, seine Lebens- und Lesefreude, seine Akribie im Studieren, Vermitteln und Niederschreiben von kunst- und religionshistorischen Fakten und Zusammenhängen, aber auch seine liebevoll-verschmitzte Ironie führten ihn immer wieder anderswohin – physisch wie geistig.
Die erste Pfarrstelle etwa von 1953 bis 1960 hatte er in Münsingen noch nahe dem Oberland. Seine kirchlichen Reisen führten ihn ab 1972 weiter weg nach Israel, Ägypten, in den Sinai, nach Kleinasien. In Jerusalem hielt er Seminarwochen.
Schalkhafter Vermittler
Die nach seiner Pensionierung angebotenen Führungen zusammen mit Ehefrau Trudi sprachen sich schnell herum und erfreuten sich grosser Beliebtheit. Seine Kulturreisen nach Rom, Assisi, Umbrien, Florenz, den Liparischen Inseln, Neapel, Pompei, Paestum, Siena und die Südtoskana wurden dank minutiöser Vorbereitung, fundierter Kenntnisse und lebendig-schalkhafter Vermittlung zu einprägsamen Erlebnissen für die Teilnehmenden.
Als Forscher und Buchautor hielt Ernst von Känel noch bis in den Spätherbst des letzten Jahres Vorträge und führte als letzte öffentliche Handlung eine grosse Gruppe Interessierter mit der Kirchgemeinde Spiez nach Colmar ins Museum Unter den Linden zum Isenheimer Altar, den er vor Ort ebenso ergriffen wie feurig beseelt in allen Einzelheiten erklärte.
Zuverlässiges Bild gezeichnet
2005 erschien sein Buch «Streiflichter zur Christianisierung des Thunerseegebietes». Hier ging es Ernst von Känel darum, historischen Boden zu legen, wie Rudolf Dellsperger – in Faulensee wohnhafter Theologieprofessor und Freund des Verstorbenen – an der Trauerfeier erklärte.
«Dafür hat Ernst von Känel Schicht um Schicht legendarisches Material abtragen müssen – gerade er, der für Legenden so viel Spürsinn hatte. Er hat die Schichten sorgfältig dokumentiert und ein möglichst zuverlässiges Bild von der Christianisierung gezeichnet. So hat er mithilfe von Pirmin, einem Missionsbischof aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, zeigen können, in welcher Gestalt das Christentum zu den hiesigen alemannischen Siedlern kam.»
Ernst von Känel hielt sich die letzten Jahre körperlich fit und blieb bis zum Schluss geistig regsam. Besuche von Theater, Konzerten, Vorträgen, Predigten oder die Lektüre der grossen russischen Epiker, von Autoren wie Hermann Hesse, Goethe oder Conrad Ferdinand Meyer liess er sich nicht nehmen.
Erst eine schwerwiegende Krankheitsdiagnose nach einer überstandenen Augenoperation schränkten ihn von Januar an stärker ein, bis er am 3. Juni im Solina Spiez am Vorabend seines 93. Geburtstages eingeschlafen ist.
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