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Warum die minderjährigen Asylbewerber so viel kosten
Der Kanton Zürich kann unbegleitete minderjährige Asylbewerber offenbar günstiger betreuen als der Kanton Bern. Weshalb das so ist, soll eine Erhebung der Kantone zeigen.
Eine «Aktion gegen Asylheim in Madiswil» macht Stimmung gegen die geplante Unterbringung von jugendlichen Asylbewerbern. Nun schalten sich Statthalter und Gemeinde ein.
In dieser privaten Liegenschaft sollen auf Ende Jahr maximal 25 unbegleitete und minderjährige Asylbewerber untergebracht werden.
(Bild: Thomas Peter)
«Wir wollen ein sicheres Madiswil mit viel Lebensqualität und nicht ein Ort der Angst wiederfinden hier im Oberaargau», heisst es im Flyer, der in Madiswiler Briefkästen verteilt worden ist. Der oder die anonymen Verfasser sehen diese Idylle durch Ausländer bedroht: Sie stossen sich am Umstand, dass mitten im Linksmähderdorf auf Ende Jahr rund 25 minderjährige Asylbewerber untergebracht werden sollen.
Von «vollendeten Tatsachen» und dem «Risiko», die Kinder allein am «Asylzentrum» vorbei zur Schule zu schicken, ist in der Hetzschrift ebenso die Rede wie von steigender Kriminalität und davon, dass «der Steuerzahler zur Kasse» gebeten werde, sobald der Staat nicht mehr für «die Flüchtlinge» aufkomme.
Aufruf zum Widerstand
Zur Begründung ihrer Behauptungen schlägt die «Aktion gegen Asylheim in Madiswil» gar den Bogen zu Messerattacken unter Asylbewerbern in Kaiseraugst und Aarau.
«Wenn wir jetzt nicht reagieren, dann könnten düstere Zeiten auf Madiswil zukommen», so die Folgerung, die unter anderem in einem Aufruf gipfelt: «Mobilisiert Freunde und Verwandte und ruft sie zum Widerstand auf!»
Tonalität und Begrifflichkeiten erinnern an Pnos-Aktionen, etwa im Zusammenhang mit der vorübergehenden Unterbringung von Asylsuchenden auf dem Gelände der Luzerner Psychiatrie in St. Urban.
Darauf angesprochen, verneint Dominic Lüthard, der als Pnos-Mediensprecher fungiert. Zwar habe er Kenntnis vom Flugblatt und der Situation in Madiswil, man habe sich auch zur Unterstützung beim Aktionskomitee gemeldet. Die Pnos habe damit aber «nicht direkt» zu tun, sei nicht etwa Initiantin.
«Die Pnos hat nicht direkt damit zu tun.»Dominic Lüthard, Mediensprecher
Kaum Rückmeldungen
Als Beschwerdeinstanzen werden auf dem Flugblatt Gemeinde und Statthalter mit Mailadressen aufgeführt. Bei Marc Häusler sind seither vier Mails eingegangen, davon je zwei positive und zwei negative Rückmeldungen.
Obschon der Rücklauf bescheiden ist, reagieren die Behörden nun mit einer offiziellen Medienmitteilung auf die anonyme Hetze: Erstaunt angesichts von deren Inhalt und mit Bedauern, dass die Urheber anonym bleiben. Sie beziehen Stellung und stellen Begrifflichkeiten klar.
An der Obergasse 27, einer privaten Liegenschaft, sei definitiv kein Ankunftszentrum für Asylsuchende geplant. Vielmehr sollen maximal 25 minderjährige Jugendliche dort untergebracht und von der Zentrum Bäregg GmbH betreut werden. Diese ist für die Asylsozialhilfe und die Unterbringung aller dem Kanton Bern zugewiesenen unbegleiteten Minderjährigen zuständig, die in der Schweiz Asyl beantragt haben.
Gemeinde und Statthalter wollen versuchen, mit den Flugblattverfassern in Kontakt zu treten. Sorgen und Ängste nähmen sie ernst. Während der Gemeindeversammlung am 8. Dezember werden sie, die kantonalen Stellen sowie die Betreiber persönlich informieren. «Es wird die Möglichkeit geboten, Fragen zu stellen und Befürchtungen zu äussern.»
Langenthaler Tagblatt
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