Der Mörder hat seine Strafe abgesessen
Zehn Jahre nach dem schlagzeilenträchtigen Tötungsdelikt in Madiswil hat der Täter seine Strafe verbüsst. Weil kurz vor der Entlassung des 68-Jährigen eine neue Diagnose im Raum stand, wurde er kurzzeitig in Sicherheitshaft genommen.
Die Frau verschwand an einem Oktobernachmittag vor zehn Jahren. Fünf Tage später wurde sie gefunden: in ihrem grünen Suzuki auf dem Parkplatz beim Coop in Madiswil. Die 47-Jährige lag erschossen auf den Sitzen. Ein Beziehungsdelikt, wie sich herausstellte: In einem Indizienprozess wurde ihr Ex-Schwager im April 2009 wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt.
Ein Geständnis fehlte. Eifersucht und egoistisches Selbstmitleid sollen den damals 58-Jährigen angetrieben haben. Er hatte die Ex-Frau seines Bruders bedroht und ihr nachgestellt.Das Urteil zog der Ex-Schwager weiter bis vor Bundesgericht – ohne dass sich die dritte Instanz auf sein Argument der Willkür und seine Forderung nach einem Freispruch einliess.
Später spielte der Zufall den Strafverfolgungsbehörden in die Hände: Im Mai 2011 fand ein Imker im Bienenhaus des wegen Mordes Verurteilten die Tatwaffe. Es war die Browning, mit der die Ursenbacherin erschossen worden war.
Behandlung oder Verwahrung
Zu neun Jahren Freiheitsstrafe war der verschmähte Ex-Schwager verurteilt worden. Der Strafvollzug endete Mitte Januar dieses Jahres – allerdings mit Nebengeräuschen. Das Amt für Justizvollzug hatte zwei Monate zuvor beantragt, die Sanktion zu ändern – entweder eine stationäre therapeutische Massnahme oder die Verwahrung anzuordnen.
Den Ausschlag dazu gab ein Therapieverlaufsbericht, der den beiden Diagnosen aus dem Jahr 2008 und 2013 widersprach. Während die früheren Gutachter eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoider, schizoider und kränkbarer Ausprägung erkannt hatten, ging der letzte im Juni 2016 von einem anderen Hintergrund aus: einer schizotypen Störung, also einem tief greifenden Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen und psychosozialen Bereich.
Dass der Verurteilte nicht in einer psychiatrischen Klinik oder einer Massnahmevollzugseinrichtung stationär behandelt oder verwahrt werde: für den Fachmann schlicht unverständlich.
Der Begutachtete wurde vor diesem Hintergrund vier Monate später in die Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel verlegt. Keine zwei Monate später lag ein Zwischenbericht zur Begutachtung vor. Fünf Tage vor dem Ende des Strafvollzugs Mitte Januar ordnete das Regionale Zwangsmassnahmengericht Sicherheitshaft an. Bis Ende März sollte der Verurteilte inhaftiert bleiben – so lange, bis das neue Gutachten vorlag.
Prognose nicht möglich
Dagegen wehrte sich der heute 68-Jährige mit einer Beschwerde vor Obergericht. Er blitzte auch da ab. Eine fundierte Diskussion und eine Prognose seien nicht möglich, erkannten die Oberrichter, solange die Begutachtung noch laufe. Im Zwischenbericht würden keine Aussagen zur Frage der Rückfallgefahr oder zur Massnahmebedürftigkeit gemacht.
Anfang März lag das Gutachten aus Basel vor: Eine schizotype Störung könne mit hinreichender diagnostischer Sicherheit ausgeschlossen werden. Und eine forensisch-psychiatrische stationäre Behandlung verspreche keinen Erfolg. Was folgte: der Antrag, ihn aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Seit März ist nun die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Oberaargau für den Entlassenen zuständig.
Nichtsdestotrotz zog dieser wegen der Sicherheitshaft vor Bundesgericht. Er habe ein rechtliches Interesse an der Behandlung seiner Beschwerde – und unter Umständen gar Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung. Damit drang er bei der höchsten Rechtsinstanz nicht durch.
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