Mit der Staffelei auf der Pirsch
Der Berner Kunstmaler Aloys Meienberg ist heute vergessen. Bekannter ist dessen Enkel: Ueli Berger, der einst die versenkten Milchkannen schuf. Meienberg hielt mit dem Pinsel viele heute verschwundene Stadtwinkel fest.
In künstlerischer Hinsicht hat sich der Berner Kunstmaler Aloys Meienberg (1880-1965) immer als Dilettanten verstanden. Ganz im Gegensatz zu seinen beiden etablierten Künstler-Enkeln Ueli und Kurt Berger. Die «Chribu»-Skulptur vor der Mobiliar-Versicherung in Bern oder die versenkte Milchkanne des vor zwei Jahren verstorbenen Designers Ueli Berger dürfte wohl jedem bekannt sein. Der gelernte Gipser- und Malermeister Aloys Meienberg dagegen war ein stiller Schaffer. 45 Jahre nach dem Tod des Autodidakten – letzte Woche wäre er 130 Jahre alt geworden–, befinden sich im Nachlass bis zu 500 Werke. Die meisten davon Aquarelle. Hüterin dieses Schatzes ist seine in Wichtrach wohnende Enkelin Ruth von Vivis. Aber auch die Burgerbibliothek Bern sowie die Denkmalpflege besitzen Bilder von ihm. Die Altstadt im Fokus Wie die jüngste Enkelin, Ruth von Vivis, in ihrem Heim erzählt, seien die Berner Altstadt und ihre Agglomeration in Meienbergs Spätwerk ein bevorzugtes Sujets gewesen. Im ganzen Wohnraum sind unzählige Aquarelle fein säuberlich nach Sujet und Datum ausgebreitet. Interessiert an den Bildern zeigen sich auch Meienbergs kreative Urenkelin Christine Bachmann und ihre zwei Kinder, die Ururenkel Leonie und der ebenfalls zeichnerisch begabte Joel. Die Kindergärtnerin hat für eine Seminararbeit mit Hilfe der Aquarelle ihres Urgrossvaters die städtebauliche Veränderung von Bern aufgezeigt. Dokumentarischer Wert Wenn Meienberg in seinen Frühwerken vor allem Landschaften, Stilleben und Portraits gemalt habe, so Ruth von Vivis, sei er im Alter zwischen 70 und 80 Jahren oft in der Altstadt oder der Agglomeration von Bern unterwegs gewesen. Immer auf der Suche nach verwunschenen Winkeln und Ecken, welche er dann vor seiner Staffelei sitzend im Bild festgehalten hat. Dabei entstanden Werke mit einer ungeheuren Detailgenauigkeit und feinem Farbensinn. Auffallend dabei, das eingefangene Licht durch welches die Gebäude, Gassen und Winkel eine stupende Authentizität erhielten. Darüber hinaus besitzen die rund 150 Stadtbilder teilweise dokumentarischen Wert, da sie längst verschwundene Stadtwinkel festhalten. Fit bis ins Alter «Noch mit 70 Jahren ist mein Grossvater innerhalb eines Tages mit dem Velo von Bern nach Blumenstein gefahren, aufs Stockhorn gestiegen und wieder zurückgefahren», erinnert sich Ruth von Vivis. Daneben machte der Vater von zwei Töchtern oft Wandertouren mit der ganzen Familie. In der Erinnerung der pensionierten Lehrerin, ist Meienberg ein starker, immer fröhlicher Mann mit auffallend blauen Augen und feinen Humor gewesen. Früh Halbwaise Der 1880 in Zug geborene Bauernsohn wurde bereits in jungen Jahren Halbwaise. Trotz seinem früh entdeckten künstlerischen Talent, konnte er sich keine entsprechende Ausbildung leisten. Als selbständiger Maler- und Gipsermeister, mit einer Werkstatt am Beaumontweg in Bern, hat er sich jedoch einen Namen als begabter Stukkateur gemacht, wie etwa mit den Arbeiten im Hotel Bellevue. Aus Liebe zu seiner Berner Frau Elise Salzmann, ebenfalls eine Waise, welche er 1906 im Alter von nur 19 Jahren heiratete, lehnte er ein lukratives Auftragsangebot aus Kairo ab. Zuhause im Weissenbühl Seine Wanderjahre brachten den Künstlerhandwerker 1903 nach Bern. Das Weissenbühlquartier war bis zu seinem Tode 1965 seine Heimat. Bis vor fünfzehn Jahren wurde das reiche Lebenswerk von Aloys Meienberg, der seine Bilder oft verschenkte, von seinen beiden Töchtern Agnes und Hedwig zusammengehalten. Öffentlich gezeigt wurden die Bilder erst ein einziges Mal, wie sich Ruth von Vivis beim Betrachten der Bilder erinnert. Damit ein solcher Schatz nicht weiterhin vergraben bleibe, wie sie sagt, ist für kommenden Herbst im Café Incontro in Alchenflüh eine Retroperspektive des Lebenswerks ihres Grosvaters geplant. Lilo Lévy-Moser>
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