Landwirt büsst für die Zustände im Kuhstall
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland hat gestern einen Landwirt aus Studen wegen
Er benötigte einen Ersatz für seinen alten Bauernhof im Zentrum von Studen. Seinen neuen Laufstall wollte der Landwirt selber bauen. Doch das Projekt endete im Desaster und zerstörte das Leben des Landwirts. Die Geschichte nahm ihren Lauf mit dem Baubeginn des Stalls 1999 und endete am 22.Januar 2008 abrupt. An diesem Morgen kontrollierten Mitarbeiter des kantonalen Veterinäramts und der Tierschutzfachstelle der Kantonspolizei den Hof des heute 45-Jährigen. Auf dem Betrieb stellten sie unglaubliche Zustände fest. Die Kühe standen 0,8 bis 1,5 Meter im eigenen Mist. Dem Landwirt war wenige Tage zuvor das Stroh ausgegangen. Eine Kuh lag am Boden, war aufgebläht und zitterte. Elf Tage zuvor hatte sie gekalbt, seither war der Tierarzt bereits zweimal zugegen. An diesem Dienstag kam dann jede Hilfe zu spät, und das Tier musste getötet werden. Auf dem Hof stiessen die Kontrolleure auf noch mehr Missstände. Aus dem Miststock rann Wasser auf die Strasse und in den Schacht der Kanalisation. Und das mitten im Dorf, an der stark befahrenen Hauptstrasse. Seen aus Mistwasser Auch im neuen Stall, mit dessen Bau der Landwirt auch nach neun Jahren noch nicht fertig war, herrschten teilweise unhaltbare Zustände. Einen Teil des Viehs hatte der Bauer bereits vom Dorf hierher gezügelt. Mit Wasserbecken tränkte er seine Tiere. Weil ein Becken leer war, mussten die Tiere aus Pfützen trinken. Das Wasser in einem weiteren Becken roch leicht nach Gülle. Weil ein Tier schlecht aufstehen konnte und Einstreu fehlte, hatte es seine Haut aufgerieben. Im Umfeld des Stalls lagerte der Landwirt haufenweise Mist. Weil es in den Tagen vor der Kontrolle stark geregnet hatte, bildeten sich grosse Seen aus Mistwasser. Zudem fehlte dem neuen Stall eine funktionierende Jauchegrube. Dies hatte zur Folge, dass der Landwirt die Jauche nicht lagern konnte. Entweder verteilte er den Flüssigdünger direkt auf die Felder oder kippte ihn auf dem Hof im Dorf in die Jauchegrube. 3 Jahre bis zur Verhandlung Fast auf den Tag genau drei Jahre nach der Kontrolle musste sich der Landwirt gestern vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland verantworten. Neben dem beschuldigten Landwirt nahm auch der Dachverband Berner Tierschutzorganisationen als Partei am Verfahren teil. Gerichtspräsidentin Evelyne Halder hatte 14 Vergehen einzeln zu beurteilen. Diese betrafen drei Bereiche: das Tierschutzgesetz, das Gewässerschutzgesetz sowie das Baugesetz. Der Landwirt wurde vor allem für jene Vergehen schuldig gesprochen, die in die Zeit der Kontrolle vom Januar 2008 fielen. Ältere Vergehen konnten vom Gericht nicht geahndet werden, weil die Beweise fehlten. «Ich kann nicht exakt belegen, wann die Zustände im Stall ins Negative kippten», sagte Halder. Sie stellte jedoch fest, dass der Bauer die Missstände in Kauf genommen hatte. Nur halbherzig habe er einen Berufskollegen um Hilfe gebeten, als ihm der Betrieb aus dem Ruder lief. «Sie hätten über ihren Schatten springen und ihr Schamgefühl ablegen müssen», so die Gerichtspräsidentin. Der Bauer erhielt eine bedingte Geldstrafe von 3000 Franken und zwei Bussen im Gesamtbetrag von 1800 Franken. Eine der Bussen muss er sofort bezahlen. Die Probezeit dauert zwei Jahre. Der Landwirt versuchte vor Gericht darzulegen, dass ihm der Landwirtschaftsbetrieb über den Kopf gewachsen ist. Für den Betrieb und die parallel dazu verlaufenden Bauarbeiten habe ihm die Zeit gefehlt. «Ich bin eigentlich gar kein Sauhund, wie alle denken», sagte er. Der Landwirt steht heute vor einem Scherbenhaufen. Von der Frau und seinen drei Kindern lebt er getrennt. Nach dem 22. Januar 2008 wurde er von seinem Milchverarbeiter und von seinem Metzger fallen gelassen. Als gebrandmarkter Tierquäler hat er zudem keine Wohnung gefunden. Zurzeit lebt er in einem Zimmer im Nachbardorf. Der neue Laufstall ist bis heute nicht fertig gebaut. Er steht leer. Christian Liechti>
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