So schlecht steht es um die Berner Gewässer
Das Berner Pflanzenschutzprojekt liefert erste Resultate aus Bätterkinden und Zuzwil. Sie überraschen nicht: Die Gewässer sind teils stark belastet. Doch die Allianz, die Massnahmen sucht und umsetzt, ist breit.

Eine Sonde schwimmt im Chrümlisbach. Kabel führen aus der schwarzen Box hinauf in einen silbernen Baucontainer, der über der Böschung steht. Die Informationen gehen denselben Weg: Kleinste Mengen Wasser fliessen hinauf in die Messstation, wo Proben gesammelt und ausgewertet werden.
Claudia Minkowski, Leiterin des Gewässer- und Bodenschutzlabors des kantonalen Amts für Wasser und Abfall, hält im Innern der Station einen Behälter mit Chrümlisbachwasser hoch. Es wird seit etwas mehr als einem Jahr im 15-Minuten-Rhythmus gesammelt und im Abstand von zwei Wochen auf Pestizide, Herbizide und Fungizide untersucht. Die Erkenntnisse aus dem ersten Messjahr sind deutlich: Der Bach im Einzugsgebiet von Schalunen und Bätterkinden ist stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet.
Chronisch belastet
81 Substanzen hat das Labor in diesem kleinen Gewässer sowie im Zuzwiler Ballmoosbach entdeckt. 12 davon seien für Gewässerorganismen wie Algen, Wirbellose und Fische kritisch, so Minkowski. «Eine Situation chronischer Belastung.» Dieses Bild ergibt sich, auch wenn die gemessenen Werte der Substanzen an den beiden Gewässern zwischen März und Oktober teils stark variieren.
Dass dabei am Chrümlisbach höhere Konzentrationen an Pflanzenschutzmitteln und Rückständen davon gemessen worden sind, ist für die Fachfrau wenig erstaunlich: Mit 2,8 Quadratkilometern ist dessen Einzugsgebiet auch doppelt so gross. Für sie steht ausserdem fest, dass mehr Mittel verwendet worden sind, die in der Hanglage auf direkterem Weg in den Chrümlisbach gelangt sind.
«Die Messungen lassen aufhorchen.»
Die beiden Bäche wurden für das Berner Pflanzenschutzprojekt ausgewählt, weil sie die Gewässer im Mittelland repräsentieren: Sie durchfliessen Ackerbaugebiet, das intensiv genutzt wird. Sechs Jahre dauert das Projekt insgesamt, das vor eineinhalb Jahren angestossen worden ist: Es soll «die Landwirtschaft beim effizienten und umweltschonenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unterstützen».

Das Projekt wird getragen vom kantonalen Amt für Landwirtschaft und Natur sowie vom Berner Bauernverband. 80 Prozent an 62,7 Millionen Franken Gesamtkosten trägt das Bundesamt für Landwirtschaft. Der Kanton steuert während sechs Jahren 10,6 Millionen Franken bei (17 Prozent).
Die Ergebnisse des Gewässermonitorings unterstreichen, was vorher bereits feststand: dass der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft reduziert werden muss. «Das ist nur durch Zusammenarbeit möglich», zeigte sich Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann überzeugt. Er hob an der Pressekonferenz die Einzigartigkeit des Projekts hervor: In der Schweiz gebe es bisher keine vergleichbare Offensive.
3200 Betriebe machen mit
Ein erstes Etappenziel sieht der SP-Regierungsrat damit erreicht, dass das Gemeinschaftsprojekt von Verwaltung und Produzenten in diesem Jahr ein Fünftel mehr Beteiligte verbuchen kann. Inzwischen sind knapp 3200 Landwirtschaftsbetriebe Teil des kantonsweiten Projekts – und damit die Mehrheit der hauptberuflichen Ackerbaubetriebe. Aktuell werden laut Ammann 7653 Massnahmen auf 21 700 Hektaren umgesetzt (siehe Box). Für die Landwirte stehe fest, dass sie Teil der Lösung sein wollten, erklärte Hans Jörg Rüegsegger, Präsident des Bauernverbandes, «nicht Teil des Problems.»
Lösungen gefunden haben Yvonne und Adrian Knuchel, deren Biolandwirtschaftsbetrieb in Bätterkinden an den Chrümlisbach grenzt: Ihre Tafelkirschen werden auf einer Hektare mit Netzen gegen Schädlinge geschützt. Und Pheromonballen halten sie ebenso fern. Auch konventionelle Bewirtschafter am Ballmoosbach, wie Thomas Iseli oder Thomas Hofer, sind überzeugte Projektteilnehmer.
«Die Messungen lassen aufhorchen», sagte Hofer, der unter anderem komplett auf Chemie in 3 Hektaren seiner Kartoffeln verzichtet. Pflanzenschutzmittel bringe ein Landwirt nie gedankenlos aus. «Aber welche Stoffe in welcher Konzentration gefährlich sind, das wissen wir nicht.» Entsprechend auch nicht, in welcher Konzentration die Mittel in die Gewässer gelangen.
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