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150 Asylsuchende kommen nach Riggisberg
In der Zivilschutzanlage und der Truppenunterkunft am Sandgrubenweg in Riggisberg sollen ab Mitte Juli 150 Asylsuchende einziehen.
Der Berner Regierungsrat verpflichtet die Gemeinden, neue Unterkünfte für Asylsuchende zu eröffnen. Grund dafür ist die «aktuelle Migrationswelle».
Der Bund rechnet mit 600 neuen Asylgesuchen pro Woche.Viele Kantone haben zu wenig Unterkünfte.
(Bild: Christian Pfander)
Die Regierung hat die aktuelle Situation im Asylbereich gestern zur Notlage erklärt. Sie hat deshalb beschlossen, dass die Gemeinden weitere Unterkünfte für Asylsuchende zur Verfügung stellen müssen. Konkret sollen in Bern, Burgdorf, Hindelbank, Ittigen, Moosseedorf und Ostermundigen «kurzfristig belegbare und geeignete» Zivilschutzanlagen als Notunterkünfte für Asylsuchende geöffnet werden. Die damit beauftragte Polizei- und Militärdirektion wird zudem ermächtigt, bei Bedarf weitere Zivilschutzanlagen in anderen Gemeinden in Betrieb zu nehmen.
Laut Iris Rivas vom kantonalen Migrationsdienst sollen in den Zivilschutzanlagen der sechs Gemeinden «so rasch wie möglich» je 100 Plätze für Asylsuchende bereitgestellt werden. In der zusätzlichen Kapazität von insgesamt 600 Plätzen nicht enthalten sind die 150 Plätze, welche in Riggisberg aktuell vorbereitet werden. Nicht berücksichtigt ist auch die mögliche Nutzung einer Unterkunft in Frutigen. «Wir sind mit der Gemeinde im Gespräch. Noch ist aber nichts spruchreif», sagt Rivas.
Neue Unterkunft in Frutigen?
Gemeinderatspräsident Rudolf Egger (SVP) bestätigt: «Wir haben eine Anfrage vom Kanton erhalten und klären ab, ob eine Unterkunft in unserer Gemeinde möglich ist.» Laut Egger will die Gemeinde am 4.August informieren. Wie verschiedene Quellen berichten steht das Frutighus der Sportzentrum Frutigen AG zur Diskussion. Dieses wird für Sportlager genutzt und bietet Platz für 150 Personen. Martin Allenbach, Verwaltungsratspräsident der Sportzentrum Frutigen AG, äussert sich nicht dazu. Sicher ist: Das Frutighus könnte nicht per sofort als Asylunterkunft genutzt werden. «Wir sind bis im Spätherbst ausgebucht», so Allenbach.
Überbelegte Berner Zentren
In seiner jüngsten Prognose rechnet das Bundesamt für Migration (BFM) mit 500 bis 600 Personen, die künftig pro Woche in einem der Empfangszentren des Bundes einen Asylantrag stellen. Diese werden nach der Erfassung auf die Kantone verteilt. Der Kanton Bern ist verpflichtet, 13,5 Prozent von ihnen zu übernehmen. Entsprechend sei damit zu rechnen, dass Bern wöchentlich 80 Asylsuchende zugewiesen erhalte, so Rivas. Dazu kämen abgewiesene, aus Gefängnissen entlassene oder zwischenzeitlich untergetauchte Asylbewerber. Gegenwärtig seien in den 19 Berner Asylzentren total 1833 Personen untergebracht, was einer Belegung von 103 Prozent entspricht. Das sind 5 Prozent mehr als letzte Woche.
Die Flüchtlingswelle trifft nicht nur den Kanton Bern. Gemäss einem Bericht der «Schweiz am Sonntag» sind die Asylunterkünfte in vielen Kantonen voll (siehe Tabelle). Im Kanton Luzern beträgt die Auslastung gar 135 Prozent.
Im Kanton Solothurn, wo die Auslastung bei 114 Prozent liegt, dürfte sich die Situation entspannen. Das kantonale Verwaltungsgericht hat die befristete Umnutzung einer ehemaligen psychiatrischen Klinik in Egerkingen bewilligt, die 80 Personen Platz bieten soll. Bereits letzte Woche wurde eine Zivilschutzanlage in Biberist geöffnet. Der Kanton Wallis nimmt die Unterkunft im Hôtel de l’Ours in Vex am 25.August befristet wieder in Betrieb.
Meist Syrer und Eritreer
Gemäss der Asylstatistik des BFM sind in der Schweiz im zweiten Quartal 2014 total 5384 Asylgesuche gestellt worden. Das sind 10 Prozent mehr als im ersten Quartal. Laut BFM ist dies in erster Linie auf den Anstieg der Gesuche von Eritreern zurückzuführen. Im ersten Quartal hatten die Syrer noch die grösste Gruppe gebildet. Seit Januar haben insgesamt 2243 Syrer und 2190 Eritreer Asyl beantragt. Das entspricht über 40 Prozent aller gestellten Gesuche.
2000 Flüchtlinge in den letzten vier Wochen
Kanton, Asylsuchende, Belegung
Zürich 340 ‹100% Bern 270 98% Waadt 168 98% Aargau 154 100% St.Gallen 120 120% Genf 112 95% Luzern 98 135% Tessin 78 k.A. Wallis 78 98% Baselland 74 89% Solothurn 70 114% Freiburg 66 98% Thurgau 56 100% Graubünden54 89% Neuenburg 48 100% Basel-Stadt46 ›100% Schwyz 36 105% Zug 28 100% Schaffhausen 22 97% Jura 20 100% Appenzell AR 16 k.A. Glarus 12 105% Nidwalden 10 80% Obwalden 10 87% Uri 10 82% Appenzell IR 4 80%
Umfrage: Schweiz am Sonntag
Immer mehr Kinder Im Asylwesen ist ein neuer Trend auszumachen. Immer mehr Kinder und Jugendliche ohne Eltern stellen einen Antrag auf Asyl. So sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 252 Kinder und Jugendliche in die Schweiz gekommen, um hier Zuflucht zu suchen. Viele davon sind derzeit im Kanton Bern untergebracht. Claudia Ransberger vom Berner Migrationsamt bestätigte gegenüber SRF, dass unbegleitete Jugendliche ab 18 Jahren derzeit in Asylzentren untergebracht werden müssen. Dies sei eine Notlösung, ein zweites Zentrum im Kanton Bern für unbegleitete Minderjährige sei unabdingbar. Die Kinderrechtskonvention, die auch die Schweiz unterschrieben hat, regelt die Art und Weise, wie mit unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden umgegangen werden soll. Dazu gehört, dass Jugendliche speziell betreut werden und eine Unterkunft bekommen, die von erwachsenen Asylsuchenden getrennt ist.
Schulen, Kasernen und Turnhallen: Die Behörden, die mit einer Flüchtlingswelle ohnegleichen konfrontiert sind, suchen nach Unterkünften für die Flüchtlinge, die pausenlos auf Sizilien eintreffen. Die Regierung rechnet bis Ende des Sommers mit 100'000 Bootsflüchtlingen.
Vier Kasernen mit jeweils 600 Plätzen wurden nach Angaben des italienischen Innenministeriums in Süditalien freigemacht, um die Migranten unterzubringen. Weitere Kasernen sollen zur Verfügung gestellt werden.
Insgesamt will die Regierung von Premier Matteo Renzi 700 Millionen Euro für den Flüchtlingsnotstand lockermachen,100 Millionen Euro davon sollen der Versorgung nicht begleiteter Minderjähriger dienen, berichtete die Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera». Darüber hinaus soll jede italienische Region einen Beitrag im Umgang mit dem Flüchtlingsnotstand leisten. Ein entsprechender Plan wird gerade im Innenministerium erarbeitet. sda
Berner Zeitung
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