Berner Anti-Minarett-Plakat soll weniger provozieren
Sechs Städte haben das nationale Anti-Minarett-Plakat bislang bewilligt; vier haben den Aushang untersagt. Die Berner Initianten gehen nun einen anderen Weg und verzichten auf «optisch provokative» Abstimmungsplakate.
Noch ist offen, ob in Bern das umstrittene Plakat zur Anti-Minarett-Initiative mit der verschleierten Frau und den spitzen Minaretten auf der Schweizer Flagge aufgehängt werden darf. Stadtpräsident Alexander Tschäppät sagte gestern auf Anfrage, er habe bislang noch kein Gesuch der Initianten erhalten.
Das Berner Abstimmungskomitee sorgt für den Fall eines Verbotes vor. Sollte das Plakat des nationalen Komitees auch in Bern verboten werden – und davon gehe er eigentlich aus –, sei das Motiv des bernischen Komitees «eine gute Alternative», sagte SVP-Grossrat und Co-Präsident des Komitees, Thomas Fuchs, gestern auf Anfrage.
Auf dem Berner Plakat ist das idyllische Würzbrunnenkirchlein im Emmental sowie am rechten Bildrand ein Minarett zu sehen. Im Textteil werden Minarette als «Speerspitzen» der Islamisierung bezeichnet. Wer in der Schweiz leben wolle, müsse die hiesigen Wertvorstellungen respektieren. Minarette symbolisierten jedoch Integrationsverweigerung.
Tschäppät hat das Berner Plakat noch nicht gesehen, sagte gestern aber: «Ich gewichte die Meinungsäusserungsfreiheit hoch. Ich wäre erfreut, wenn die Initianten mit einem neuen Plakat einen würdigen und anständigen Abstimmungskampf anstreben.»
Flickenteppich an Regeln
Tschäppäts Wunsch nach einem einheitlichen Vorgehen der Städte indes geht nicht in Erfüllung. Man fand keine gemeinsame Position. «Eine Umfrage bei mehreren Städten hat ergeben, dass wir uns nicht auf ein Verbot oder eine Bewilligung einigen können», sagte Martin Tschirren vom Städteverband gestern auf Anfrage. Tschirren sieht dafür zwei Gründe. Einerseits sei die Initiative von Alexander Tschäppät zu spät gekommen – «was allerdings begreifbar ist bei dem Tempo, mit dem die Ereignisse abliefen». Andererseits handle es sich um eine schwierige Beurteilung. Wie auch die EKR betont habe, müsse eine Güterabwägung zwischen Meinungsfreiheit und Diskriminierungsschutz vorgenommen werden – «und die ist hochpolitisch».
Damit entsteht in der Schweiz ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen. Gestern schlossen sich Zürich, Winterthur, Luzern und Biel den Städten Genf und St.Gallen an und bewilligten das Plakat. Freiburg gesellte sich zu Basel, Lausanne und Yverdon VD. Diese verbieten den Aushang im öffentlichen Raum. Auch die Städte, die von einem Verbot absehen, stehen allerdings nicht ohne Einschränkungen hinter dem Plakat. Sie üben harsche Kritik, wie dies am Mittwoch bereits die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) getan hatte. Wie schwer sich die Städte tun, lässt sich an der gewundenen Formulierung ablesen, mit der etwa die Stadt Biel die Aushänge bewilligte. «Der Gemeinderat empfiehlt der für die Plakatierung auf Gemeindegebiet zuständigen Allgemeinen Plakat-Gesellschaft (APG) nicht, die Minarett-Plakate nicht aufzuhängen», heisst es in der Medienmitteilung.
Fehlende Rechtsgrundlage
Für die Bewilligung führen die Städte vor allem rechtliche Argumente ins Feld. Die Städte äusserten Zweifel, dass die diskriminierende Wirkung des Plakates genug gross sei, um die in der Bundesverfassung verankerte Meinungsfreiheit zu beschneiden. Die öffentliche Meinungskundgabe im Vorfeld einer Volksabstimmung habe Priorität, so der Tenor. Zürich weist zudem darauf hin, dass das Plakat gemäss der EKR nicht gegen das Antirassismusgesetz verstosse.
Anders Freiburg: Für die Kantonshauptstadt überwiegt der Schutz vor Diskriminierung. Auch sie verweist in diesem Zusammenhang auf das Gutachten der EKR. Danach nährten die Plakate die Vorurteile und seien für den sozialen Zusammenhalt nicht förderlich.
Kaum Thema im Ausland
Der Wirbel in der Schweiz wirft laut dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) im Ausland keine hohen Wellen. In den ausländischen Medien werde «kurz und sachlich» über das Thema berichtet. Seit Juli 2009 beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der Kommunikation rund um die Anti-Minarett-Initiative, wie EDA-Sprecher Adrian Sollberger sagte. Das Team beobachtet internationale Medien und berät Schweizer Botschaften in Ländern der muslimischen Welt. Die Anti-Minarett-Initiative kommt am 29.November zur Abstimmung.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch