Ein Wohnheim mit Geschichte
Seit 1915 gibt es in Rumendingen das Karolinenheim. Lange Zeit ein Schulheim, bietet es heute erfolgreich Arbeitsplätze für Menschen mit geistiger Behinderung. Bald wird es aber vor neue Herausforderungen gestellt.
Spielzeuge und Urnen: Die Kombination der Produkte, die im Karolinenheim hergestellt werden, mutet auf den ersten Blick etwas eigenwillig an. Doch auf den zweiten Blick macht sie durchaus Sinn. Denn beide werden aus Holz hergestellt und erfordern viel Handarbeit. In der Werkstatt in Rumendingen läuft die Produktion nämlich anders ab als bei einem Grosshersteller.
Hier arbeiten Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung an geschützten Arbeitsplätzen. 45 Mitarbeiter sind es derzeit. «Unsere Hauptaufgabe ist natürlich nicht die Akkordproduktion, sondern die sinnvolle Beschäftigung der Menschen», sagt Geschäftsleiter Markus Bärtschi. Am Donnerstagabend führte er an einer Veranstaltung des Heimatschutzes Emmental durch die Wohn- und Arbeitsstätte in Rumendingen.
Spiele mit Klang
Viele der Spielzeuge haben die Mitarbeiter des Karolinenheims selbst erfunden, so auch einen Klangbaum. Bunte Plättchen sind rund um eine Holzstange befestigt. Lässt man eine Murmel entlang der Plättchen nach unten rollen, entlockt sie jedem einen anderen Klang. Jedes Spielzeug fordert in der Produktion Arbeitsschritte mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad.
«Wir wollen unsere Leute fordern, aber nicht überfordern», sagt Bärtschi. Ebenso muss der Preis stets im Auge behalten werden. Koste ein Spielzeug über hundert Franken, sei es schwierig, Abnehmer zu finden, meint der Geschäftsleiter. Es gebe Waren, mit denen sie nicht gross Geld verdienen würden. Bei anderen hingegen schon. Das Karolinenheim nimmt jährlich rund eine halbe Million Franken mit dem Verkauf ein. Zwei Millionen stammen aus Leistungsverträgen mit dem Kanton.
Von der Hand in den Mund
Auf finanzielle Unterstützung konnte das Heim in seinen Anfangszeiten hingegen nicht zählen. Im Jahr 1915 wurde es gegründet. War es zuvor Wohnsitz der Familie Werthmüller, vermachte Karoline Werthmüller das Gebäude der Genossenschaft Sonderschulheime Lerchenbühl Burgdorf und Karolinenheim Rumendingen. Fortan wohnten geistig behinderte Kinder im Schulheim. «Damals lebten sie von der Hand in den Mund», sagt Bärtschi. So sei der Pflanzplätz nicht nur Beschäftigung für die Kinder gewesen. Man habe sich wegen knapper Mittel schlichtweg selbst versorgen müssen. Unterricht hatten die Kinder damals noch nicht im eigentlichen Sinne. Man vermittelte mehr praktisches Wissen. Beispielsweise lernten sie, wie sie sich selbstständig anziehen und waschen können. Erst Ende der 60er-Jahre setzte man dann auf schulische Bildung und baute einen Pavillon, in dem der Unterricht stattfand.
Dieser Pavillon steht heute noch. Doch dient er nicht mehr dem Unterricht. Denn 1982 wurde das Schulheim wegen schwindender Schülerzahlen geschlossen, und das heutige Wohnheim für Erwachsene wurde gegründet. 1999 kam dann die Werkstatt dazu. Und 2014 wurden weitere Bauarbeiten abgeschlossen. 9,6 Millionen Franken hat damals der Um- und Neubau von Wohnheim, Altbau, Werkstatt und Heizzentrale gekostet. Mitfinanziert wurde dies durch den Kanton. Insbesondere der Wohnbereich wurde zeitgemässen Standards angepasst, die Doppelzimmer wurden in Einzelzimmer umgebaut.
Die alten Bauten werden aber auch heute noch genutzt. Statt zu lernen, können die Bewohner heute im ehemaligen Schulpavillon eine Auszeit nehmen. «Wir haben immer mehr Leute mit psychischen Problemen, die brauchen ab und an eine Pause von der Arbeit», so Bärtschi. Nebst dieser Veränderung wird sich bald schon eine andere Frage stellen. Und zwar die, was mit Leuten passiert, die alt und pflegebedürftig werden. Denn Menschen mit Beeinträchtigung werden immer älter. Derzeit hat es einen Bewohner, der seit 50 Jahren im Karolinenheim lebt. «Wenn wir ihm sagen müssten, er müsse von hier weg, wäre das sehr hart.» Der Stiftungsrat berücksichtige dies sicher auch bei der Strategieplanung und Angebotsanpassungen allenfalls prüfen.
Finanzielle Herausforderung
Erst steht aber noch eine andere Herausforderung auf dem Programm. Denn in drei Jahren wird es eine grundlegende Änderung bei der Finanzierung geben. Das sogenannte Berner Modell soll dann im Kanton flächendeckend eingeführt werden (siehe Kasten). Die Heime werden sich mit dem neuen Modell wohl noch mehr gegen aussen verkaufen müssen. Und dies ist heute schon ein Thema. Derzeit hat es drei freie Plätze im Karolinenheim. «Das gab es noch nie, bis jetzt waren wir immer voll besetzt», sagt Bärtschi.
Besser verkaufen
Grund für die freien Plätze sei wohl auch der geringe Bekanntheitsgrad der Stiftung Karolinenheim. Darum werde die Öffentlichkeitsarbeit, so wie diese Veranstaltung des Berner Heimatschutzes, immer wichtiger, betont der Geschäftsleiter. «Tue Gutes und sprich darüber – das müssen wir uns noch mehr auf die Fahne schreiben.»
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