Ein König gab sich die Ehre
Vor geladenen Gästen in der Aula Gsteighof in Burgdorf plauderte der Starschwinger Jörg Abderhalden über seinen Sport.
Zwei Männer, einer in einem weissen Leibchen und der andere im Edelweisshemd, liegen ineinander verschlungen im Sägemehl und wirken mit aller Kraft aufeinander ein. Wer wird den Kampf gewinnen? Die Gesichter der Männer sind vor Anstrengung verzerrt. Plötzlich nimmt der im Edelweisshemd seine ganze Kraft zusammen und wirft seinen Gegner wie ein Brett über sich ins Sägemehl. Dieser landet auf dem Rücken, wobei die Schulterblätter den Boden berühren – er hat verloren. Die beiden Männer liegen völlig ausgepumpt am Boden, Sieger wie Besiegter. Schon bald aber kommen Freunde des Siegers und hieven ihn auf ihre Schultern. Er reckt die Arme in die Höhe, lässt sich von Tausenden Zuschauern feiern, eine kraftvolle junge Gestalt, die heroisch in den blauen Sommerhimmel ragt.
Applaus für den König
Hier endet die Filmszene. In der voll besetzten Gsteighof-Aula in Burgdorf wird applaudiert. Soeben haben die Anwesenden eine Aufzeichnung vom Schlussgang des Eidgenössischen Schwingfests 2007 in Aarau gesehen, konnten mitverfolgen, wie Jörg Abderhalden seinen Gegner Stefan Fausch bezwang. Der heute 29-jährige Sieger weilt ebenfalls im Saal. Die Berner Kantonalbank hat zum Unternehmer-Apéro nach Burgdorf geladen; hier sollen der dreifache eidgenössische Schwingerkönig Jörg Abderhalden und der Kommunikationsexperte Iwan Rickenbacher über das Thema «Chancen wahrnehmen» plaudern. Wer das Thema von der philosophischen Seite her beleuchtet haben möchte, muss die gedankliche Brücke vom Sport zum Leben selber schlagen: Rickenbacher und Abderhalden führen einen zwar angeregten Dialog, der sich aber fast ausschliesslich um die Aspekte des Schwingsports dreht. Das wiederum beschert den anwesenden Wirtschaftsleuten doch einige Erkenntnisse, denn eine kleine Umfrage per Handzeichen ergibt, dass die wenigsten von ihnen bereits an einem Schwingfest anzutreffen waren.
«Bin lockerer geworden»
Wer aufmerksam zuhört, findet zwischen den Zeilen immer wieder Häppchen, die sich auch auf das Leben ausserhalb des Sports übertragen lassen. Schwingen sei nicht nur eine Sache der körperlichen Verfassung und der Technik, erklärt Abderhalden. Vieles spiele sich im Kopf ab. «In Aarau ging ich mit der Einstellung in den Schlussgang, dass es für mich jetzt nur noch um den Sieg gehen kann.» Kopfsache sei auch das Drumherum, der Umgang mit den Medien, den Zuschauern und dem Wetter. Was sein Auftreten anbelange, sei er im Lauf der Zeit offener und lockerer geworden. «Früher hatte man von mir wohl das Bild des etwas arroganten Sportlers, der sich der Öffentlichkeit entzieht, aber das habe ich unterdessen korrigieren können.» Zudem sei er Vater geworden; auch das habe sich auf ihn positiv ausgewirkt. «Meiner Tochter ist es egal, ob ich als Erster oder Zweiter nach Hause komme», berichtet er. Und fügt scherzend an: «Sie hat als Preis sowieso lieber ein Fohlen als einen Muni.» Auch Silvio Rüfenacht Erste Preise sind ihm selber jedoch lieber, denn einer seiner Lebensgrundsätze lautet, sich stets zu entwickeln und sein Bestes zu geben – auch im Schreinerberuf, wo er derzeit die Meisterprüfung absolviert. Parallelen zu Silvio Rüfenacht, der den Schwingklub Burgdorf präsidiert und 1992 Schwingerkönig wurde, sind nicht zu übersehen: Auch er hat beruflichen Ehrgeiz entwickelt, ist Unternehmer geworden und erlangte zudem in der Armee Offiziersrang. Gesprächsleiter Rickenbacher fragt den im Publikum Sitzenden: «Haben wir es heute mit einem modernen Typ Schwinger zu tun, der in allen Lebensbereichen an die Spitze will?» Rüfenacht bestätigt dies – und weist darauf hin, dass sich schliesslich auch der Schwingsport weiterentwickelt habe und professioneller geworden sei. Für die breite Öffentlichkeit liege die Faszination allerdings eher darin, dass Schwingen ein urchiges Stück Schweiz verkörpere.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch