Burgdorf bangt um «seine» Fachhochschule
Burgdorf bangt um «seine» Fachhochschule, denn der Regierungsrat hegt Zentralisierungspläne. Wer kämpft, kann aber gewinnen – das bewiesen die Regionalpolitiker bereits vor 100 Jahren, als sie das kantonale «Tech» nach Burgdorf holten.
Die heute über 30 Ausbildungsorte der Fachhochschule Bern sollen zu einer überschaubaren Anzahl zusammengefasst werden. Der Regierungsrat prüft dabei zwei Möglichkeiten: entweder eine Zentralisierung in Bern oder die Schaffung je eines Kompetenzzentrums in Bern, Biel und Burgdorf.
Burgdorf, das auf eine mehr als 100-jährige «Tech»-Tradition zurückblickt und die Fachhochschule nicht verlieren möchte, favorisiert die zweite Variante. Die Stadt hat entsprechende Abklärungen getroffen und präsentiert als Gelände für einen Campus das frei gewordene Areal der Maschinenfabrik Aebi. Noch ist das Rennen offen; vor 2011 ist mit einem Grundsatzentscheid wohl kaum zu rechnen.
Die «drei grossen B»
Wer sich die Ausgangslage vergegenwärtigt und einen Blick in die Geschichte wirft, fühlt sich an jene Zeiten erinnert, als es darum ging, im Kanton Bern das erste kantonale Technikum ins Leben zu rufen. Schon damals bewarben sich die «drei grossen B», nämlich Bern, Biel und Burgdorf, um den Standort der neuen Institution; das Rennen machte, zum unverhohlenen Ärger der Konkurrenz, schliesslich Burgdorf, wurde somit zur Tech-Stadt und empfing ab dem Jahr 1892 auszubildende junge Männer aus dem ganzen Kanton und darüber hinaus.
Die Idee, im Kanton Bern eine höhere gewerbliche Lehranstalt ins Leben zu rufen, entzündete sich in den 1880er-Jahren am prekären Mangel an qualifizierten Ausbildungsstätten, besonders auch im Vergleich zur fortschrittlichen Ostschweiz. Im Oktober 1890 stimmte das Bernervolk im Grundsatz der Schaffung eines kantonalen Technikums zu. Die Frage nach dem Standort war zwar nicht Gegenstand der Abstimmung; allgemein ging man jedoch davon aus, dass man die Institution in Bern ansiedeln würde.
Im Wettstreit
Diesen Entscheid musste der Grosse Rat aber erst noch fällen. Im Februar 1891 beschlossen nebst Bern auch Biel und Burgdorf, sich als Standortgemeinden zu bewerben. Somit standen die Parlamentarier vor der Aufgabe, die Vor- und Nachteile dreier kandidierender und somit konkurrierender Städte gegeneinander abzuwägen.
In der Chronik, die zum 100-Jahr-Jubiläum des Burgdorfer Technikums 1992 erschien, werden die Argumente aufgeführt, welche die drei Städte zu ihren jeweiligen Gunsten in die Waagschale warfen. Bern hatte es einfach, konnte darauf verweisen, dass es die Kantons- und zugleich Bundeshauptstadt sei, mit einer Handwerkerschule und den Lehrwerkstätten über einen soliden Unterbau verfüge, dank der Universität und dem Gymnasium an der Quelle für gute Lehrkräfte sei, ein zeitgemäss industrialisiertes Umfeld habe und zudem viele lehrreiche Sammlungen in den Museen besitze.
Vorteile einer Kleinstadt
Biel als zweitgrösste Stadt im Kanton trumpfte damit auf, dass man hier seit 1889 immerhin bereits ein westschweizerisches Technikum betreibe und das Zentrum einer starken Industrieregion bilde. Burgdorf verwies ebenfalls auf seine blühende Industrie und sein reges Gewerbe, weiter auf die guten Bahnverbindungen in alle Richtungen und schliesslich darauf, dass die beschauliche Atmosphäre in einer Kleinstadt dem Studium zuträglicher sei als der hitzige Puls einer Hauptstadt – «die Strassen sind einsam». Schützenhilfe bekam Burgdorf von Winterthur: Der Direktor des dortigen Technikums riet ebenfalls zu einem Standort ausserhalb der Hauptstadt.
Bitterer Spott der Bieler
Im Frühling 1891 kam es zur geheimen und diskussionsfreien Abstimmung über den «Tech»-Standort. Bern schied bereits beim ersten Durchgang aus. Biel und Burgdorf, die mit je 91 Stimmen Kopf an Kopf lagen, hatten eine zu starke Regionslobby auf ihrer Seite. Der zweite Abstimmungsgang brachte die Entscheidung: Burgdorf erhielt 135, Biel 112 Stimmen. Somit kam das «Tech» an die Emme – zur herben Enttäuschung der Bieler, die spotteten, dass Burgdorf ausser einem Schnapsdepot und einer «Käseakademie» nicht wirklich viel zu bieten habe.
Gestern wie heute
Wie auch immer: Burgdorf ist jetzt, gut 100 Jahre später, davon überzeugt, als Standort der Fachhochschule auch für die Zukunft gute Karten zu haben. Die Argumente haben sich seit damals kaum verändert: Genannt werden die gute Verkehrslage, die Übersichtlichkeit der kleinen Stadt, die Beschaulichkeit der Emmentaler Landschaft – und der Innovationsgeist, der die Emmestadt in den Bereichen Bau, Umwelt, Energie und Mobilität traditionell auszeichne.
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