Ein starkes Zeichen gegen die herrschende Doppelmoral
Prostitution gilt als das älteste Gewerbe der Welt. Im Jahr 2012 wird es also Zeit, endlich einen unverkrampfteren Umgang mit dem Thema zu finden. Diese Erkenntnis setzt sich in den Kantonen und den Städten langsam durch. So hat das Zürcher Stadtparlament diese Woche eine Prostitutionsgewerbeverordnung gutgeheissen. Auch der Berner Grosse Rat debattiert derzeit über ein Prostitutionsgesetz und hat gestern einen wichtigen Entscheid getroffen. Demnach sollen Prostituierte ihren Lohn auf dem Rechtsweg einfordern und mit Salonbetreibern Arbeitsverträge eingehen können. Mit einer solchen Regelung würde der Grosse Rat ein starkes Zeichen gegen die herrschende Doppelmoral setzen. Und der Kanton Bern begäbe sich auf Konfrontationskurs mit dem Bundesgericht. Laut diesem ist Prostitution nicht verboten, gilt jedoch noch immer als sittenwidrig. Somit sind Arbeitsverträge zwischen Sexarbeiterinnen und Salonbetreibern unzulässig. Allerdings ist ein starker Wertewandel im Gang – davon zeugen die in verschiedenen Kantonen erlassenen Bestimmungen zur Prostitution. Und sogar das Bundesgericht selber hat letzten November in einem AHV-Streitfall eine Prostituierte als Unselbstständigerwerbende taxiert. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis dieser wahrlich alte Zopf endlich abgeschnitten wird. Natürlich ist die Prostitution ein heikler Bereich, und es gilt die darin Tätigen vor Missbrauch und Gewalt zu schützen. Ein Punkt, dem das neue kantonale Gesetz Rechnung trägt. Nun kann man aber davon ausgehen, dass sich viele – wenn nicht sogar die Mehrheit – der Sexarbeiterinnen freiwillig prostituieren. Mit Sex lässt sich Geld verdienen. Will der Grosse Rat diese Frauen also wirklich schützen, dann darf er ihnen Arbeitsverträge und das Beschreiten des Rechtswegs nicht verwehren. Auch wenn er damit riskiert, die Kompetenzen des Kantons zu überschreiten. Mail: andrea.sommer@bernerzeitung.ch Diskussion: blog.bernerzeitung.ch/leserblog>
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