Psychiater vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung
Ein junger Mann starb in seiner Zelle in den Anstalten von Bellechasse im November 2011 an einer Vergiftung durch Medikamente. Am Mittwoch stand sein Psychiater vor Gericht. Ihm wird fahrlässige Tötung vorgeworfen.

Am Mittwoch musste sich ein 51-jähriger Psychiater vor dem Bezirksgericht des Seebezirks in Murten verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung vor. Der Psychiater hatte einem Insassen der Strafanstalten von Bellechasse am 11. November 2011 eine hohe Dosis Methadon und weitere Medikamente verschrieben.
Der damals 26 Jahre alte Gefängnisinsasse verstarb sechs Tage später in seiner Gefängniszelle. Als Todesursache stellten die Gutachter eine Überdosis an Medikamenten fest. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Psychiater vor, mit einer Überdosierung von Medikamenten seine Sorgfaltspflicht verletzt zu haben, und fordert eine bedingte Geldstrafe von 240 Tagessätzen.
Beweise zu rasch vernichtet
Der Verteidiger des Angeklagten forderte zu Beginn der Verhandlung, das Verfahren aufzuheben. Seine Begründung: «Der Beschuldigte kann seine Verteidigungsrechte nicht wahrnehmen, weil die Beweismittel vorschnell vernichtet wurden.» Konkret gehe es um den Mageninhalt des Verstorbenen.
«Im Mittelpunkt dieses Verfahrens steht die Frage, ob der Verstorbene zusätzlich zur verschriebenen Dosis Methadon Medikamente konsumiert hat oder nicht.» Diese Frage könne heute nicht geklärt werden, da die Beweismittel nicht mehr existierten. Polizeirichter Markus Ducret wies den Antrag des Verteidigers mit der Begründung ab, dass genügend Expertisen vorlägen.
Der Verstorbene war kurz vorher vom Zentralgefängnis in Freiburg in die Anstalten von Bellechasse verlegt worden. Der 51-jährige Psychiater und er sahen sich nur einmal: Die Sprechstunde dauerte 45 Minuten. Aufgrund dieses Gesprächs verschrieb der Psychiater 80 Milligramm Methadon pro Tag in zwei Dosen und 30 Milligramm Valium in drei Dosen.
«Es war rasch klar, dass der Patient psychische Probleme, Verfolgungswahn und Angst vor einem Entzug hatte», sagte der Psychiater vor Gericht. Der Insasse habe ihm gesagt, dass er sich umbringen wolle. Ihm sei zwar klar gewesen, dass der Patient zuvor rund einen Monat kein Methadon verschrieben bekommen habe. «Er sagte mir aber, dass er im Zentralgefängnis illegal täglich 120 Milligramm Methadon konsumiert hatte.»
Er habe keinen Grund gehabt, an dieser Aussage zu zweifeln. Er habe sich bewusst für eine hohe Dosis Methadon entschieden: «Ich wollte vermeiden, dass der Patient andere Opiate konsumieren würde, welche im Gefängnis illegal erhältlich sind.» Der Insasse habe ihm versprochen, sich nicht umzubringen, und auch, keine zusätzlichen Medikamente zu konsumieren.
Er gehe davon aus, dass der Patient dies dennoch getan habe: «Ich habe viel über den tragischen Fall nachgedacht. Er muss zusätzlich Methadon konsumiert haben.» Da der Mageninhalt nicht mehr vorliege, könne er dies nicht beweisen. Staatsanwalt Markus Julmy sieht die Sache anders: «In den Expertisen ist klar festgehalten, dass exakt die verschriebene Menge Methadon und Valium im Körper vorhanden war.» An diesem Mix sei der Mann gestorben.
Die Witwe des Verstorbenen trat als Zivilklägerin auf. Ihr Vertreter machte geltend, «dass die Dosis massiv über allen Empfehlungen liegt». Und sie hätte nicht mit Valium kombiniert werden dürfen. Für den Einstieg in ein Methadonprogramm würden 30 Milligramm empfohlen.
Die Verteidigung plädierte auf Freispruch: «Weil die Beweise vernichtet sind, bleiben wichtige Fragen offen.»
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