Hohn statt Hilfe
Tobias von Allmen sitzt auf einem Schuldenberg. Um den Konkurs seiner Baufirma abzuwenden, bettelte er bei der Bevölkerung um Geld. Doch der Schuss ging nach hinten los: Statt Geld gibt es nun Geschwätz im Dorf.

Tobias von Allmen steht das Wasser bis zum Hals. Seine Baufirma ist bankrott, er bezahlt seit Monaten seine Miete und Rechnungen nicht mehr, seine Frau hat ihn verlassen – kurz: Das Leben des Aarberger Unternehmers ist ein Scherbenhaufen.
In der Altjahreswoche versuchte von Allmen «zu retten, was noch zu retten ist», und zwar auf unkonventionelle Weise. Der 48-Jährige verschickte Bettelbriefe an die Bevölkerung von Aarberg und den umliegenden Gemeinden. Heute bereut er diesen Schritt zutiefst.
«Die Leute denken, ich sei ein Gauner», sagt von Allmen. Der Spendenaufruf habe sein Ziel total verfehlt, statt Geld auf dem Konto gebe es nun Geschwätz im Dorf. «Es hat mich viel Überwindung gekostet, die Hosen runterzulassen und um Hilfe zu bitten.» Gelohnt hat es sich nicht – 1000 Franken sind auf von Allmens Konto gelandet. «Ich schäme mich», sagt er.
«Ich bin kein Sozialfall»
Die Berg- und Talfahrt begann vor fünf Jahren, als sich Tobias von Allmen mit seiner Einzelfirma von A-Fassaden selbstständig machte. Er investierte alles in die neue Firma in Aarberg, auch seine berufliche Vorsorge und das Haus seiner Frau. Anfangs sei alles gut gelaufen, berichtete von Allmen Ende Jahr dem «Bieler Tagblatt». «Doch dann drängte sich immer mehr unseriöse Konkurrenz auf den Markt.» Die katastrophalen Entwicklungen im Baugewerbe hätten ihm schliesslich das Genick gebrochen.
Nachdem er bereits Ende 2015 Verluste von über 200 000 Franken hätte verkraften müssen, sei es 2016 zum Eklat gekommen. «Mit dem Darlehen eines Freundes habe ich noch versucht, die Firma zu retten.» Vergebens. Trotzdem meldete er das Unternehmen nicht beim Konkursamt. «Ich wollte mein Geschäft möglichst sauber und schuldenfrei auflösen.» Auch der Gang zum Sozialamt war keine Option. «Ich bin kein Sozialfall und möchte auch keiner werden.»
Die Hoffnung stirbt zuletzt
In der Gemeindeverwaltung von Aarberg sorgte diese Haltung für Unverständnis. «Es ist mir ein Rätsel, weshalb der Mann mit seinen Problemen an die Öffentlichkeit geht, statt sich bei uns zu melden», sagte Peter Ryser, der bis Ende Jahr als Gemeinderat und Leiter der Abteilung Soziales tätig war.
«Der Gang zum Sozialdienst hätte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht», entgegnet von Allmen. Seit einem Jahr ist er nämlich mit dem Aufbau einer neuen Firma beschäftigt: Die Nordisch-Haus GmbH in Sursee, die er gemäss Handelsregister am 4. Oktober 2016 offiziell gegründet hat, mit einem Startkapital von 20 000 Franken. Ein Fakt, der auch den Aarbergern nicht entgangen ist und zu Misstrauen geführt hat.
«Vielleicht liegt es daran, dass bisher nur 1000 Franken Spenden zusammengekommen sind.» Doch habe das eine mit dem anderen nichts zu tun, betont von Allmen: Das Startkapital habe er von seinem Bruder geliehen. «Ich musste das Unternehmen jetzt gründen, da ich in seinem Namen bereits Aufträge für den Bau von Holzhäusern reinholen konnte.»
Der Konkurs seiner ersten Firma ist unabwendbar. Doch Tobias von Allmen ist hundertprozentig überzeugt: Im Laufe dieses Jahres wird er mit der neuen Firma Erfolg haben. Dem Seeland wird er den Rücken kehren: Die Wohnung ist per Ende März gekündigt, er sucht sich nun ein Zimmer in der Zentralschweiz. «Ich will einen dicken Strich unter das Ganze ziehen.» Simone Lippuner
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch